Cottbus erlebt bitteres Déjà-vu: "Warum soll ich stolz sein?"

Energie Cottbus und der DFB-Pokal – das passt offenbar nicht mehr. Wie schon im letzten Jahr gegen den VfB Stuttgart mussten sich die Lausitzer gegen den SC Freiburg am Montagabend erneut im Elfmeterschießen geschlagen geben. Besonders bitter: Bis zur 90. Minute lag Cottbus in Führung und kam selbst in der Verlängerung nochmal zurück. Ein ganz starker Auftritt der Lausitzer, doch der Stolz überwog bei Trainer Claus-Dieter Wollitz nach Spielende nicht – im Gegenteil.

"Einen Deppen gibt es ja immer"

Tim Kruse war das Entsetzen über das bittere Pokal-Aus im Elfmeterschießen auch lange nach Abpfiff noch ins Gesicht geschrieben. Ausgerechnet der erfahrene Mittelfeldspieler war es, dem als einziger vom Punkt die Nerven versagten. "Einen Deppen gibt es ja immer – heute bin ich es", stellte er unmittelbar nach dem Elfmeterschießen am "ARD"-Mikrofon fest. Dass er dabei ironisch lächelte, war eine Art Schutzfunktion. Zu tief saß der Schmerz über den verschossenen Elfmeter. "Ich dachte eigentlich, dass ich den unter die Latte setze – aber das Ergebnis hat man dann gesehen."

Doch so bitter das erneute Ausscheiden auch war: Über 120 Minuten spielte Energie Cottbus stark auf und bot dem Bundesligisten auf beeindruckende Weise die Stirn. Schon in der ersten Halbzeit war für Freiburg kein Durchkommen, immer wieder störte die Wollitz-Elf den Spielaufbau des Favoriten früh.

Führung bis in die Nachspielzeit

Und mit dem ersten Torschuss gingen die Lausitzer unmittelbar nach Wiederanpfiff dann in Führung: Über Weidlich und Startsev kam der Ball zu Zimmer, der das Spielgerät im zweiten Versuch auf Marcelo Freitas ablegte. Sein Flachschuss schlug anschließend im linken Eck ein und brachte das mit 15.245 Zuschauern bestens besetzte Stadion der Freundschaft zum Beben. In der Folge bot Cottbus einen großen Kampf und setzte alles daran, die dicke Überraschung über die Ziellinie zu bringen. Doch dann kam die Nachspielzeit. Eine Nachlässigkeit in der Hintermannschaft der Hausherren nutzte Freiburg sofort aus und kam durch Mike Frantz, der eine Vorlage des Ex-Cottbusers Tim Kleindienst mit viel Risiko unter die Querlatte nagelte, tatsächlich noch zum Ausgleich – Verlängerung.

Und als der Bundesligist in der 99. Minute durch einen strittigen Elfmeter nach einem vermeintlichen Foul von Startsev an Höler in Führung ging, sprach eigentlich alles für den Sport-Club. Doch Energie Cottbus kämpfte sich sensationell zurück, glich durch Fabio Viteritti nur vier Zeigerumdrehungen später aus und rettete sich so ins Elfmeterschießen. Dort behielten alle Schützen zunächst die Nerven, ehe Tim Kruse den Ball über die Querlatte jagte. Als Dominique Heintz den letzten Elfmeter für Freiburg anschließend verwandelte, war das erneute Aus von Energie Cottbus besiegelt. Was für ein bitterer Abend! Bereits zum dritten Mal im vierten Spiel seit 2014 ist Energie Cottbus im Elfmeterschießen in der 1. Runde ausgeschieden. Auch gegen den Hamburger SV und den VfB Stuttgart zogen die Lausitzer den Kürzeren, gegen Mainz war bereits nach 90 Minuten Schluss.

Wollitz wird emotional

Mit der Tatsache, dass Cottbus ein überragendes Spiel machte und vor allem kämpferisch begeisterte, konnte Trainer Claus Dieter Wollitz unmittelbar nach Spielende nicht viel anfangen: "Warum soll ich stolz sein? Was nützt das?", redete er sich im Interview mit der "ARD" in Rage. Aus dem emotionalen Coach brach es dabei nur so heraus: "Im Fußball gibt es nur Schwarz oder Weiß. Freiburg ist Weiß und Cottbus Schwarz. Das ist so."

Als es kurz danach zur Pressekonferenz ging, hatte sich Wollitz schon wieder beruhigt, war aber noch immer "traurig" über das Pokal-Aus. Offen gab er zu: "Die Niederlage gegen Stuttgart vor einem Jahr habe ich relativ schnell verarbeitet. Doch das Spiel heute zerrt an mir. Wir hätten eine Belohnung verdient gehabt." Es werde nicht leichtfallen, "diese Niederlage zu verarbeiten", wagte der 53-Jährige eine Prognose – und senkte dabei den Kopf.

Ein "scheiß Gefühl"

Maximilian Zimmer sprach gegenüber der "Lausitzer Rundschau" unterdessen von einem "scheiß Gefühl". Es sei brutal, "zum zweiten Mal im Elfmeterschießen auszuscheiden." Und Schiedsrichter Harm Osmers entgegnete er nach dem strittigen Elfmeter für den SC Freiburg in der 99. Minute: "Ob er gut schlafen kann, muss er mit sich selbst ausmachen." Lasse Schlüter war unterdessen um Diplomatie bemüht: "So ist Fußball." Vom Klassenunterschied habe man nicht viel gesehen, so der 26-Jährige. Ausdrücklich lobte er die Fans: "Die Stimmung war Wahnsinn – wir alle hatten eine Gänsehaut." Nicht nur deswegen, "hätten es die Fans verdient gehabt."

Etwas gefasster zeigte sich Kapitän Marc Stein gegenüber dem RBB: "Die Enttäuschung ist nicht da. Wir wollten natürlich gerne weiterkommen. Aber wir haben ein sensationelles Spiel gemacht – und haben wieder einen Bundesligisten am Rande der Niederlage gehabt." Und dennoch ist die Ernüchterung nach dem erneuten Ausscheiden riesig. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt aber nicht: Bereits am Samstag ist Cottbus gegen den SV Meppen gefordert. Dann wollen Wollitz und Co wieder als Sieger vom Platz gehen – und nicht bloß warme Worte für eine starke, aber letztlich unbelohnte Leistung hören.

   
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