Boyd nach Zaun-Torjubel: "Heute erst erfahren, dass das Gelb gibt"
Mit dem 1:0 bei Tabellenführer Viktoria Berlin hat der Hallesche FC seinen ersten Auswärtssieg in dieser Saison gefeiert und gleichzeitig den Höhenflug des Aufsteigers gestoppt. Das Tor des Tages erzielte Terrence Boyd, der zum Jubeln auf den Zaun vor dem Gästeblock sprang und dafür Gelb sah – sehr zur Überraschung des Stürmers. Derweil sorgte Trainer Florian Schnorrenberg mit einem Torhüterwechsel für Überraschung.
"Würde es wieder tun"
Im Strafraum nahm Boyd einen Steckpass von Tom Zimmerschied an, behauptete sich gegen zwei Abwehrspieler, zog durch die Beine von Patrick Kapp auf das Tor ab und traf im langen Eck zum 1:0. Zunächst jubelte der 30-Jährige im klassischen Zyklopen-Style, ehe er über die Laufbahn in Richtung Gästeblock abdrehte, auf den Zaun sprang und dort mit den mitgereisten Fans jubelte. Als er danach wieder auf den Platz zurückkehrte, wartete dort schon Schiedsrichter Arne Aarnink, um Boyd für seinen Jubel die gelbe Karte zu zeigen.
"Ich bin jetzt 30 Jahre alt und ich Idiot habe heute erst erfahren, dass es für Auf-den-Zaun-Klettern Gelb gibt", gestand der der Stürmer nach Spielende im "Telekom"-Interview mit einem Lachen ein. "Das war natürlich bitter, aber es kam aus der Emotion heraus. Wir hatten so lange keine Fans im Stadion. Und wenn das so weitergeht, ist es bald wieder so. Das musste ich einfach ausnutzen." Beim "MDR" ergänzte er: "Ich würde es wieder tun. Emotionen gehören einfach dazu. Der Schiedsrichter hatte leider kein Gefühl dafür, was es heißt, nach so langer Zeit wieder vor Fans zu spielen." Immerhin hat Boyd sein Trikot nicht ausgezogen: Das hätte ebenfalls Gelb gegeben, sodass er dann vom Platz geflogen wäre.
Lob von Schnorrenberg
Der zweite Saisontreffer des US-Amerikaners sorgte dafür, dass die Viktoria nach 14 Siegen aus 14 Spielen seit März 2020 erstmals nicht als Sieger vom Platz ging. Eine Tatsache, die Boyd durchaus stolz machte: "Bei so einem Gegner zu Null zu spielen, ist schon mal geil. Wir wussten, dass es ein unangenehmer Gegner wird. Kompliment an Berlin, sie spielen sehr ekelig." Doch sein Team habe es "sehr gut" gemacht, befand der 30-Jährige. "Gerade wenn man sieht, was wir defensiv für ein Verletzungspech haben." Hätte der HFC seine Konter besser ausgespielt, "wäre auch ein zweites Tor möglich gewesen", sagte Boyd, wusste aber auch: "Wir hätten uns über ein 1:1 nicht beschweren können." Doch am Ende reichte der Treffer des Tor-Zyklopen, um alle drei Punkte mitzunehmen. Damit bleibt der HFC seit 1994 ohne Niederlage in der Hauptstadt,
Auch Trainer Florian Schnorrenberg war nach Spielende hoch zufrieden: "Wir haben sehr, sehr gut verteidigt." Seine Mannschaft habe eine "sehr gute Leistung gebracht" und sich dadurch belohnt. Einziger Kritikpunkt: "In der zweiten Halbzeit standen wir etwas zu tief, ein zweites Tor hätte uns mehr Ruhe gegeben." Doch Halle hielt die Null – erstmals in dieser Saison.
Überraschender Torwartwechsel
Keinen geringen Anteil daran hatte Torhüter Sven Müller, der überraschend anstelle von Tim Schreiber in die Startelf rückte. "Sven Müller hat ein Riesenspiel gemacht, ich bin sehr zufrieden", lobte der Coach. Warum er den 25-Jährigen statt Schreiber ins Tor stellte, begründete Schnorrenberg mit "fantastischen Trainingsleistungen" des gebürtigen Kölners, der bereits in der vergangenen Saison die Nummer eins war, seinen Stammplatz im Sommer dann aber zunächst an Schreiber verloren hatte. "Mit ihm haben wir ein Element mehr im Spielaufbau", sieht Schnorrenberg in Müller offenbar den besseren Fußballer.
Was aber nicht heißen soll, dass Schreiber in den letzten drei Spielen einen schlechten Job gemacht habe: "An den Gegentoren konnte er nichts machen", so der Coach. Fünfmal musste der 19-Jährige hinter sich greifen, darunter dreimal nach Elfmeter. Durch den Sieg beim Spitzenreiter kann Halle nun mit breiter Brust in das Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern am Dienstag gehen. Boyd wird bis dahin für seine gelbe Karte wohl einen entsprechenden Betrag in die Mannschaftskasse zahlen müssen.