Böllenfalltorstadion: Zigeunerwurst und Laufbahn
Das Stadion am Böllenfalltor ist nicht gerade ein Hexenkessel und eher das Gegenteil einer Fußballarena. Ein Besuch dort, insbesondere wenn einen das Spiel mal nicht packt, kann einen schon eher zu gedanklichen Zeitriesen in ganz andere Fußballzeiten führen. Das Böllenfalltor, von Einheimischen nur „Bölle“ genannt, ist in den 20er Jahren erbaut worden.
Trümmer des ersten Weltkriegs wurden dazu zu Tribünen aufgeschüttet. Benannt wurde es nach weißen Pappeln, die dort wuchsen, mundartlich werden diese auch Bölle genannt, und dem alten Stadttor, das sich einst unweit des Stadions befand.
Zigeunerwurst und Laufbahn – Trotzdem Charme?
Das Stadion, abgesehen von der Haupttribüne, die in den 70ern neu entstand, ist an und für sich eine unscheinbare, kaum veränderte und daher baufällige Betonschüssel. Die Kurven sind flach, die Gegengerade etwas nach oben gezogen. Sitzplätze gab es dort nie. Bier und unter anderem Zigeunerwurst (!) bekommt aus kleinen Holzbuden, die an Gartenlauben erinnern. Klassisch ist auch die Laufbahn, die den Rasen umgibt. Wunderbar sind die älteren Herren, die, die schon immer hier stehen, und wenn’s mal nicht so läuft meinen, es sei „doch jedes Johr es gleische“. Okay, die gibt’s überlall, aber wo anders haben sie geringere Probleme ein „ch“ auszusprechen. All dies zusammen, selbst die naive Unbekümmertheit der Wurstverkäufer, macht für mich den Charme des Stadions aus.
DFB-Auflagen
Verwundert wird der langjährige Böllebesucher zu Beginn dieser Saison den Blick auf die Gegengerade werfen. Der Pufferblock zwischen Gästekurve und Gegengerade wurde mit 400 Sitzschalen für Gästefans ausgestattet. Anders als in den 80ern wird diese DFB-Auflage dem Verein wohl nicht das Genick brechen. Damals musste nach dem Aufstieg eine moderne Flutlichtanlage errichtet werden. Ohne gesicherte Finanzierung wurde drauf los gebaut.
Anschließend wollte auch die Stadt nicht aushelfen – der Beginn einer wirtschaftlichen und sportlichen Talfahrt. Auch dieses Jahr muss übrigens das Flutlicht saniert werden. Auf Grund veränderter rechtlicher und politischer Umstände, ist die Finanzierung allerdings gesichert. Im September sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.
…und der Zukunft zugewandt?
Dass in absehbarer Zeit in Darmstadt eine Fußballarena oder überhaupt ein neues Stadion gebaut wird, ist unwahrscheinlich und meines Erachtens auch nicht erforderlich. Eine stetige Modernisierung, insbesondere des Einlassbereiches und der sanitären Anlagen ist allerdings erforderlich und wird auch voran getrieben. Im Augenblick bietet der Bölle Platz für knapp 20.000 Zuschauer.
FOTO: www.o-m-d.org