Arminia und die letzte Patrone: Kniat auf der Kippe

Mit den Aussagen, die Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel nach der 0:2-Niederlage gegen Viktoria Köln tätigte, war der Kurs der kommenden Tage bei Arminia Bielefeld eigentlich schon abgesteckt: Entgegen vorheriger Wochen blieb das Treuebekenntnis für Trainer Mitch Kniat aus, mit einer Freistellung ist zu rechnen. Doch welche Folgen hätte das?

Voraussetzungen waren eigentlich nicht schlecht

Unmittelbar reagierte Arminia Bielefeld nicht, weder am Samstagabend noch am folgenden Sonntag. Doch schon da wackelte der Stuhl von Coach Mitch Kniat bedenklich, als Sportchef Mutzel in öffentlichen Interviews die ausbleibenden Ergebnisse in den Vordergrund gestellt hatte – und nichts mehr davon zu hören war, dass die Zusammenarbeit mit Kniat definitiv eine Zukunft hat. Es wäre das jähe Ende einer eigentlich auf mindestens zwei Jahre, womöglich noch deutlich längerfristig ausgelegten Zusammenarbeit. Eine, die Arminia neue sportliche Struktur und ein Konzept verpassen sollte. Auf dem Papier las es sich großartig: Es klang im Sommer nach einem wilden Übergangsjahr mit temporeichem Offensivfußball. Auf dessen Basis soll womöglich in der Saison 2024/25 der Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga stehen. Der ist über kurz oder lang auch Pflicht, will der Verein seine Ambition auf die Top 25 bis 30 im deutschen Fußball nicht längerfristig verlieren.

Nun ist es nicht so, dass solche Entwicklungskonzepte beim wankelmütigen DSC in der Vergangenheit nicht schon öfter gescheitert wären. Doch diesmal waren die Voraussetzungen trotz später Zusammenstellung des Kaders eigentlich nicht so schlecht gewesen. Kniat hatte viele Wunschspieler bekommen, viel technische Beschlagenheit, schlicht viel nachgewiesene Offensivqualität – und sogar noch zwei starke Wintertransfers. An der Drittliga-Realität scheiterten die Ideen von Kniat und Mutzel, der letztlich ebenso in der Verantwortung steht, zuletzt. Weil die Offensiven nicht kaltschnäuzig genug sind. Weil die Balance zwischen Abwehr und Angriff eine mal mehr, mal weniger zuverlässige ist. Und weil das Team im Defensivverbund nicht gut genug besetzt worden ist, daher stets für den einen oder anderen Patzer gut ist. Dass diese von Gegnern so regelmäßig eiskalt bestraft werden, mag auch mit fehlendem Spielglück erklärbar sein. Doch diese Fehler nicht abstellen zu können, dafür gibt es Verantwortliche.

Arminias Ineffizienz erweckt Mitleid

Erstaunlich ist immer wieder, wie großflächig sich rund um die Bielefelder Alm tiefe Unruhe und Verzweiflung breitmacht. Schon klar: Fünf Niederlagen in Folge nagen am Gemüt eines solch stolzen Traditionsvereins. Doch wo die Auftritte in vergangenen Spielzeiten immer wieder uninspiriert bis blutleer waren, so lässt sich dies bei bestem Willen nicht auf den DSC dieser Tage übertragen. Es mochte einem leidtun, wie die Arminia einige ihrer insgesamt 27 Torabschlüsse gegen Viktoria Köln vergab. Und Trainer Kniat war der Letzte, bei dem die Schuld dafür zu suchen war, dass ein Kaito Mizuta das leere Tor nach einem mustergültig vorgetragenen Angriff aus bester Position nicht traf. Dass Merveille Biankadi einen freien Ball über den Kasten setzte, als ihn Kölns Keeper Ben Voll fallen ließ. Nein, diese Bielefelder sind in ihren Partien nie chancenlos, ganz im Gegenteil. Doch der Knoten, der gelöst werden will, er scheint in jedem Kopf, in jedem schwarz-weiß-blauen Stutzen zu stecken.

Nicht besser macht es, dass auch das Umfeld – wie bereits vor Jahren – nicht restlos geeint wirkt. Ein schriftlicher Aufruf der Fanszene von der Südtribüne, der an die Gemeinschaft appellierte, verhallte am Samstagabend im allgemeinen Pfeifkonzert. Wo es der härteste Kern mit unermüdlicher Unterstützung und gemäßigten Reaktionen probierte, ließen Teile des übrigen Stadionpublikums ihrem Unmut bei feststehender Niederlage freien Lauf und setzten diesen Modus in sozialen Netzwerken nahtlos fort. Die Frustrationstoleranz ist nach ernüchternden Jahren vielerorts klein geworden. Und die in dieser Saison lange währende Geduld mit der sportlichen Abteilung des Doppel-Absteigers, der der Musik quasi seit Beginn der Spielzeit weit hinterherläuft, ist auf den Rängen zu immer größeren Teilen aufgebraucht.

Der Unmut ist riesig – und ein Schlüsselspiel wartet

Wie geht es nun weiter? Es wartet, ob mit Kniat oder nicht, ein neuerliches Schlüsselspiel in Freiburg wartet. Der zuletzt chancenlose Tabellenletzte ist ohne Wenn und Aber mit dem Attribut "Pflichtsieg" versehen, hat er doch erst zwei Saisonspiele gewonnen, eines davon übrigens gegen Arminia Bielefeld. Im heimischen Dreisamstadion ist der designierte Absteiger gar noch völlig ohne Saisonerfolg. Gelingt dem DSC auch hier nicht der Befreiungsschlag – selbst Platz 13 ist ja mittlerweile schon sieben Punkte entfernt – ist für längere Zeit Abstiegskampf gebucht. Und ob diese Mannschaft, übrigens analog zum Zweitliga-Vorjahr, mit ihren defensiven Qualitäts- und Zuverlässigkeitsproblemen dafür wirklich geschaffen ist, das ist noch längst nicht klar. Und das muss zu diesem Zeitpunkt der Saison, wo abseits des Trainers kein entscheidendes Personal mehr getauscht werden kann, Sorgen machen.

   
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