Analyse: Woran Stefan Krämer beim SV Meppen gescheitert ist
Nach nur drei Siegen aus 25 Spielen war für Stefan Krämer beim SV Meppen am Samstag unmittelbar nach der 2:3-Niederlage gegen den Halleschen FC Schluss. Der Punkteschnitt von 0,8 stellt den viertschwächsten Wert aller Trainer in der Historie der 3. Liga dar, die mindestens in 25 Spielen auf der Bank saßen. liga3-online.de erklärt, woran der 55-Jährige gescheitert ist.
Verletzungspech
Wenn man ausrechnen würde, wie lange die Drittligisten in dieser Saison auf verletzte Spieler verzichten mussten, würde der SV Meppen sicherlich einen Spitzenplatz belegen. In mehreren Spielen fehlte fast eine ganze Mannschaft, immer wieder musste Krämer neue Hiobsbotschaft hinnehmen. Etwa bei Stammkeeper Jonas Kersken, der nach einer im September erlittenen Schulterverletzung Mitte Februar wieder fit geworden war und gegen 1860 sogar auf der Bank saß, dann aber einen Rückschlag erlitt, operiert werden musste und nun bis zum Ende der Spielzeit ausfällt. Auch für Jonas Fedl, der in der Hinrunde als Innenverteidiger gesetzt war, ist die Saison nach einer Leisten-OP bereits beendet.
Am schwersten aber wiegt der Ausfall von Luka Tankulic. Aufgrund einer Meniskusverletzung konnte der Topscorer der Vorsaison (14 Tore, sechs Vorlagen) in dieser Spielzeit noch keine einzige Partie bestreiten. Mehrfach verzögerte sich das geplante Comeback des 31-Jährigen in den letzten Wochen, momentan sieht es so aus, als könnte er frühestens im Endspurt eingreifen. "So viele Verletzte (…) wie wir in diesem Jahr haben (…). Da kann man ja nicht sagen, es liegt am Trainer", erkannte auch Sportvorstand Heiner Beckmann vor vier Wochen.
Pech im Abschluss
Zumal zum Verletzungspech auch noch Pech beim Torabschluss hinzukommt. Nach einer Auswertung von liga3-online.de scheiterten die Emsländer in dieser Saison bereits 14 Mal am Aluminium – und damit so häufig wie kein anderer Verein. Auch die Daten von "wyscout" zeigen: Der SV Meppen ist gerade in der Offensive vom Pech verfolgt. Denn gemessen an der Qualität der Chancen hätten die Emsländer knapp 34 Tore erzielen müssen. Tatsächlich sind es aber nur 25.
Das führt dazu, dass der SVM deutlich weniger Punkte geholt hat, als statistisch erwartet: Nämlich nur 20 statt 31. Mit dieser Anzahl von Zählern würden die Norddeutschen im gesicherten Mittelfeld stehen – und hätten sieben Punkte Vorsprung auf die Abstiegszone. Pro Spiel gibt Meppen im Schnitt knapp elf Schüsse auf das gegnerische Tor ab – gleich fünf Teams sind in dieser Kategorie schlechter. Es zeigt sich also: Gemessen an den Abschlüssen müsste Meppen nicht Letzter sein.
Keine Grundordnung
Doch die Lage des SV Meppen allein auf Pech oder fehlendes Glück zurückzuführen, wäre zu kurz gegriffen – und würde darüber hinwegtäuschen, dass auch Krämer Fehler gemacht hat. Etwa im Blick auf die Grundordnung, die praktisch nicht vorhanden war. Allein in diesem Jahr ließ der 55-Jährige in sechs verschiedenen Formationen spielen und wechselte vor allem in der Abwehr immer wieder hin und her. Gegen 1860, Mannheim und Duisburg bot Krämer eine Dreierkette auf, gegen Halle dann zunächst eine Viererkette, ehe er zur Pause wieder auf Dreierkette umstellte. Den Vorwurf, nichts unversucht gelassen zu haben, kann man dem gebürtigen Mainzer zwar nicht machen. Jedoch trugen seine ständigen Umstellungen nicht zur Stabilität bei, vielmehr war das Gegenteil der Fall.
Auch Krämers Personalentscheidungen waren nicht von Kontinuität geprägt. Bestes Beispiel: Beim Spiel gegen Halle saß Marvin Pourié, mit sieben Toren immerhin der Top-Torjäger, zunächst nur auf der Bank, während Johannes Manske zum ersten Mal in dieser Saison von Beginn an ran durfte. Und das, obwohl er bislang nicht einen Treffer erzielt hat.
Keine Konsequenz
Ohnehin machte es den Eindruck, als hätte Krämer nicht die richtigen Schlüsse aus seinen fachlich stets anspruchsvollen Analysen gezogen. Es mangelte an der letzten Konsequenz – auch bei ihm selbst. Denn im Oktober, als gerade das Heimspiel gegen Dortmund II mit 0:2 verloren ging, sagte er in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": Wenn er den Eindruck hätte, dass er der Mannschaft und dem Klub nicht mehr helfen könne, dann bräuchte ihn auch keiner zu entlassen oder ihm eine Abfindung zu zahlen. "Dann würde ich das Auto tanken, sauber machen und vor die Tür stellen."
Dass der 55-Jährige der Mannschaft nicht mehr helfen kann, wurde am Samstag in der ersten Halbzeit gegen den Halleschen FC mehr als deutlich. Dennoch schloss Krämer – entgegen seiner früheren Aussagen – auch nach der Partie einen Rücktritt aus. So war es letztlich der Verein, der sich unmittelbar nach der Partie zum Handeln gezwungen sah.