Kommentar: Glasbrenner, eine Lösung mit Charme und Risiko

Mit dieser Mitteilung überraschte der SSV Ulm 1846 am Mittwoch: Moritz Glasbrenner wird zum Cheftrainer befördert. Trotz fehlender Lizenz. Eine Entscheidung mit Charme, die darüber hinaus auch schlüssig ist, dennoch Risiken birgt. Ein Kommentar.

"Hat absolut überzeugt"

Es schien ein Abschied ohne Happy End zu werden, als in Ingolstadt der Schlusspfiff ertönte. Mit 1:4 unterlag der SSV Ulm 1846 dem FC Ingolstadt deutlich – wenngleich die Partie ausgeglichener war, als es das Ergebnis vermuten lässt. Unter dem Strich stand dennoch die erste Niederlage unter Interimstrainer Moritz Glasbrenner. Da der 35-Jährige lediglich über eine A-Lizenz verfügt, schien alles auf eine Rückkehr in die U19 der Spatzen hinauszulaufen.

Am Mittwoch überraschten die Verantwortlichen des Zweitliga-Absteigers. Glasbrenner wird zum Cheftrainer befördert. "Die ursprüngliche Planung sah eine andere Lösung vor, allerdings hat Moritz in den letzten zwei Wochen mit seiner inhaltlichen Arbeit sowie menschlich absolut überzeugt und deshalb haben wir uns dazu entschieden, ihn zum Cheftrainer zu machen", sagte Geschäftsführer Markus Thiele in der Pressemitteilung.

Eine Entscheidung mit Charme und Konsequenz

Auch abseits der Ergebnisse erscheint die Wahl schlüssig. Der studierte Mediziner trat stets sympathisch auf, genießt laut Aussagen der Spieler ein hohes Ansehen innerhalb der Mannschaft. Was er in den vergangenen vier Partien initiiert hat, kann er nun fortführen. Kein Schnitt, keine Eingewöhnungszeit für einen anderen Trainer und Mannschaft. Kein Experiment. Gerade in der aktuellen Situation – mit zehn Punkten im Tabellenmittelfeld und nur geringem Abstand zu den Abstiegsrängen – kann diese Kontinuität ein entscheidender Vorteil sein.

Ein Gegenbeispiel: Vergangene Saison stand der FC Schalke 04 vor einer ähnlichen Frage. Interimstrainer Jakob Fimpel punktete durch seine Herangehensweise, Ergebnisse – zwei Spiele, vier Punkte – und Ansprache. Auch er hätte nicht die nötige Lizenz für einen Posten als Cheftrainer gehabt – Wege und Mittel, wie eine Strafzahlung hätte es geben können. S04 entschied sich jedoch für Kees van Wonderen, der am Saisonende wieder seinen Hut nehmen musste.

Wenig Erfahrung und Strafzahlung

Egal, welche Wahl man trifft – ein Risiko gibt es immer. Auch bei Glasbrenner. Zwei sind offensichtlich: Zum einen wäre da die fehlende Erfahrung im Profibereich. Wie eingangs erwähnt, trainierte er bisher nur Jugendteams, was sich in kritischen Phasen bemerkbar machen könnte. Zum anderen muss Ulm aufgrund der fehlenden Pro-Lizenz des neuen Trainers eine Strafzahlung an den DFB leisten. Das erhöht nicht nur den Druck von außen, sondern könnte auch im negativsten Fall einer frühzeitigen Entlassung auch zulasten der Verantwortlichen geraten.

Klar ist aber: Die Entscheidung ist schlüssig, hat Charme und Authentizität. Glasbrenner ist derweil nicht der erste U19-Trainer, der befördert wird. Auch sein Vorgänger Robert Lechleiter nahm mehr oder weniger denselben Werdegang – konnte als Nachfolger von Thomas Wörle auch einen Impuls setzen, den Abstieg allerdings nicht verhindern. Ohnehin wird wichtig sein, dass Glasbrenner und Verantwortliche die gleiche Sprache sprechen und man eine Mannschaft an die Bedürfnisse des Trainers stellt. Sonst wird es auch für erfahrene Coaches schwierig.

   

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