"Grenze überschritten": Steegmann kritisiert RWE-Berichterstattung

Rot-Weiss Essen fühlt sich missverstanden. Vor dem Abschluss der Englischen Woche äußerte sich deshalb nicht nur Cheftrainer Uwe Koschinat zur anstehenden Partie gegen Hansa Rostock, sondern auch Marcus Steegmann als Direktor Profifußball zur Lage des Revierklubs. Der 44-Jährige sprach über die Erwartungshaltung und eine Berichterstattung, die Grenzen überschritten habe.
"Polemische Witze auf Kosten unserer Spieler"
"Ein 1:1 gegen Osnabrück ist kein schlechtes Ergebnis", betonte Marcus Steegmann am Ende seiner Ausführungen ausdrücklich und fasste damit zusammen, dass nach dem besagten Unentschieden unter der Woche medial einiges auf Rot-Weiss Essen eingeprasselt war. "Was ich nicht in Ordnung finde, ist, unseren Spielern wie Ramien Safi Lustlosigkeit vorzuwerfen. Das ist deutlich drüber, was eine faire Bewertung angeht. Da ist eine Grenze überschritten." Der 44-Jährige wollte damit nicht sagen, dass Spieler nicht für schlechte Leistungen kritisiert werden sollen, sondern, dass die Einordnung realistisch sein sollte. "Auf Kosten unserer Spieler werden polemische Witze gemacht, weil man reißerisch unterwegs ist", so Steegmann. Das sei für den 44-Jährigen keine seriöse Berichterstattung mehr. "Das wollten wir nicht so stehen lassen."
Zumal RWE nach dem Unentschieden in der Englischen Woche nicht so schlecht dasteht, wie es in manchen Fällen behauptet wird. Neun Punkt aus sechs Partien sind wesentlich mehr Ertrag, als Essen zum gleichen Zeitpunkt in der vorherigen Saison hatte – fünf Zähler und Platz 18 standen zu Buche. "Die Mannschaft haut alles für Rot-Weiss Essen rein. Das hat sie in der Vergangenheit getan und wird sie in der Zukunft tun", versicherte Steegmann. Alles darüber hinaus sei ein Entwicklungsprozess: "Ich glaube, dass wir insgesamt auf einem sehr guten Weg sind. Natürlich wollten und haben wir uns verstärkt, aber man muss einer Mannschaft mit neuen Spielern auch die Zeit geben, um zusammen zu wachsen." Zwei Siege, drei Unentschieden und nur eine Niederlage sind bislang das Ergebnis.
"Essen fliegt nicht automatisch durch die Liga"
Eine Bilanz, mit der sich Steegmann nicht unzufrieden zeigt. Obwohl die Erwartungshaltung im Umfeld merklich gestiegen war, gerade in Anbetracht der herausragenden Rückrunde der letzten Saison. "Das bedeutet aber nicht automatisch, dass Essen jetzt durch die Liga fliegt", erinnerte der Direktor Profifußball daran, dass Essen unter ganz anderen Voraussetzungen in die neue Saison gestartet war, als es im Existenzkampf der letzten Saison der Fall war. Diesen Prozess, der RWE langfristig erfolgreich machen soll, will Steegmann daher mit der nötigen Bodenhaftung fortsetzen.
Das wird auch Cheftrainer Uwe Koschinat unterstützen. "Wir sind mit Sicherheit in einer Entwicklung, aber bis jetzt ohne ganz große Rückschläge", verdeutlichte der Fußballlehrer. "Ich finde schon, dass wir eine gewisse Leistungskontinuität auf den Platz bringen. Deswegen gibt es keinen Grund, mit Skepsis auf Rostock zu treffen, sondern mit großer Vorfreude." Denn, so betonte Koschinat auch, die Bilanz von sieben Punkten aus drei Spielen in der Englischen Woche ist weiterhin möglich – was in den Augen vieler neutraler Beobachter wohl nicht allzu schlecht bewertet wäre.
"Das ist im Profifußball völlig Fehl am Platz"
Um an der ausverkauften Hafenstraße den ersten Heimspiel-Sieg einzufahren, wird Koschinat wieder ans Maximum gehen. "Mit Rostock erwartet uns eine Mannschaft, die auf Basis der letzten Runde natürlich auch in dieser Saison in den Kreis der favorisierten Teams eingestiegen ist", schätzte der RWE-Coach den kommenden Gegner ein. "Sie waren einer starken Veränderung unterworfen, aber die Augen über die wahre Leistungsstärke hat mir die herausragende erste Halbzeit gegen 1860 München geöffnet." Dort spielte die Hansa-Kogge den vermeintlichen Top-Favoriten der Liga an die Wand.
Koschinat wird das Personal sorgfältig aussuchen, kann wieder auf Lucas Brumme (Magen-Darm) zurückgreifen und wird Jannik Hofmann wieder aufbieten, um die Belastung von Michael Kostka zu steuern. Generell wird der 54-Jährige aber keine Bonbons an seine Spieler verteilen: "Es geht darum, Positionen auf hohem Niveau zu verteidigen oder sich Positionen auf sehr hohem Niveau zu holen", feuerte Koschinat den Konkurrenzkampf an. "Dass ich etwas im Kader moderieren muss, mag ich als Begriff nicht so gerne. Das suggeriert, dass ich den Auftrag habe, jeden bei Laune zu halten. Ganz ehrlich? Das ist im Profifußball völlig Fehl am Platz." Am Samstag (14 Uhr) können die RWE-Fans somit wieder mit der bestmöglichen Elf rechnen.