Saisonprognose #1: Duisburg, Havelse, Schweinfurt, Hoffenheim II

Die 18. Drittliga-Saison steht vor den Türen. Doch wer sind eigentlich die Aufstiegskandidaten, wer muss um den Klassenerhalt bangen? Und wer hat das Zeug zur Überraschungsmannschaft? In fünf Teilen nimmt liga3-online.de alle Teams unter die Lupe. Den Auftakt machen die vier Aufsteiger Duisburg, Havelse, Schweinfurt und Hoffenheim II.
Ausgangslage: So paradox es auf den ersten Blick auch klingen mag, kann ein Abstieg bisweilen auch einen positiven Effekt auf einen Verein haben. So geschehen beim MSV Duisburg: Die Zebras mussten vor gut einem Jahr den bitteren Gang in die Viertklassigkeit antreten, doch in der Regionalliga West fanden die Zebras wieder zu sich selbst zurück.
Bester Beleg: Im Schnitt strömten fast 17.000 Zuschauer in die Schauinsland-Reisen-Arena – und damit so viele wie seit der Saison 15/16 nicht mehr. Die Zebras sind wieder sexy! Nach der direkten Rückkehr in die 3. Liga herrscht eine gewaltige Aufbruchsstimmung, die die Mannschaft von Trainer Dietmar Hirsch möglichst mit in die Saison tragen möchte.
Transfers: Verstärkt wird diese Euphorie durch einen beachtlichen Transfersommer. Mit Christian Viet und Rasim Bulic konnte der MSV sogar zwei wichtige Säulen vom letztjährigen Zweitligisten Regensburg an die Wedau locken. Hinzu kommen die höherklassig erfahrenen Conor Noß und Dennis Borkowski. Und auch Tim Heike und Niklas Jessen sind in der 3. Liga keine Unbekannten. Kurzum: Die Zebras haben auf dem Transfermarkt ein Ausrufezeichen gesetzt. Abgerundet wird die Kaderplanung durch die Tatsache, dass die Aufstiegsmannschaft um Patrick Sussek und Jakob Bookjans komplett zusammengehalten werden konnte.
Testspiele: Einem standesgemäßen 7:0-Erfolg gegen den Bezirksligisten Duisburger SV zum Auftakt folgte ein beachtliches 0:0-Unentschieden gegen den schottischen Erstligisten Hibernian Edinburgh und ein 6:0 gegen Oberligist Sonsbeck, ehe es ein 1:4 gegen Preußen Münster gab. Gegen den VfB Homberg (5:1) und den belgischen Zweitligisten Lommel SK (6:2) kehrte die Hirsch-Elf anschließend in die Erfolgsspur zurück. Den Schlusspunkt der Vorbereitung sollte gegen die Kickers Offenbach steigen, doch die Partie musste abgesagt werden. Ein neuer Gegner steht noch nicht fest.
Prognose: Die Zebras sind zurück! Doch wozu sind sie in der Lage? Wie so oft hängt bei Aufsteigern viel davon ab, inwiefern die Euphorie konserviert werden kann. Der Kader bietet insbesondere in der Offensive viel Qualität, während hinter der Belastbarkeit der Defensivabteilung noch ein paar Fragezeichen stehen. Gelingt es der Hirsch-Truppe, diese Fragezeichen zu beseitigen, scheint deutlich mehr als nur der Klassenerhalt möglich. Platz 10-13.
Ausgangslage: Nein, in guter Erinnerung dürfte der TSV Havelse sein bis dato einziges Drittliga-Abenteuer in der Saison 2021/22 kaum haben. In der völlig überdimensionierten Heinz von Heiden Arena fand der kleine Klub aus dem Umland Hannovers nie richtig in die Spur und stieg mit nur 23 Punkten sang- und klanglos wieder ab. Nun starten die Rot-Weißen einen neuen Anlauf in Liga 3 – unter etwas bessere Voraussetzungen.
Hoffnung macht die überragende Vorsaison mit der souveränen Meisterschaft in der Regionalliga Nord und dem verdienten Relegationserfolg gegen Lok Leipzig. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Heimspiele künftig größtenteils im Eilenriedestadion ausgetragen werden, das für Hannover 96 II drittligatauglich umgebaut wurde und deutlich mehr Heimspielflair bieten dürfte. Nur für die Spiele gegen Rostock und Cottbus wird Havelse in die Heinz von Heiden Arena umziehen.
Transfers: Ein weiterer bedeutender Unterschied ist die Personallage: Anders als vor vier Jahren musste Havelse bisher keinen Stammspieler ziehen lassen. Entsprechend kann Trainer Samir Ferchichi auf eine eingespielte und eingeschworene Einheit bauen. Allerdings gibt es Gerüchte um Gerüchte um Schlüsselspieler Marko Ilic, an dem Alemannia Aachen interessiert ist. Ein Verbleib des schussgewaltigen 32-Scorer-Mannes wäre zweifellos der wichtigste Coup für Havelse.
Auf der Zugangsseite wurde bisher das Trio Nassim Boujellab, Leon Sommer und Johann Berger präsentiert. Ersterer ist mit 30 Bundesliga-Spielen für Schalke in seiner Vita zweifellos der Königstransfer der Niedersachsen, die zudem noch nach weiteren Neuzugängen für den bisher nur 24 Spieler fassenden Kader suchen.
Testspiele: Die Vorbereitung des TSV Havelse verlief bislang alles andere als optimal: Nach einem 2:0-Auftaktsieg gegen Landesligist MTV Wolfenbüttel folgte eine knappe 0:1-Niederlage gegen Rot-Weiß Oberhausen aus der Regionalliga West. Achtbar schlug sich der Aufsteiger gegen Hertha BSC (2:3) aus der Affäre, um dann allerdings gegen Arminia Bielefeld (1:7), Paderborn II (2:7) und Holstein Kiel (0:5) gehörig unter die Räder zu geraten. Die hohe Gegentoranzahl in den Testspielen offenbart Schwächen in der Defensive, an denen die Ferchichi-Truppe vor Saisonbeginn dringend arbeiten muss.
Prognose: Keine Frage, der TSV Havelse verfügt über den kleinsten Etat der Liga und geht dementsprechend als Abstiegskandidat Nummer eins in die neue Saison. Aber wer weiß, vielleicht gelingt der eingespielten und von Trainer Ferchichi taktisch geschickt eingestellten Truppe diesmal die Überraschung? Platz 18-20.
Ausgangslage: Reamateurisierung lautete das Motto beim 1. FC Schweinfurt, der nach der einigen gescheiterten Aufstiegsversuchen im Sommer 2023 beschloss, künftig mit bescheideneren Mitteln zu Werke zu gehen. Doch just dieser Schritt zurück brachte die Schnüdel zwei Schritte nach vorn: Mit einer Mannschaft voller Lokalkolorit spielten die Grün-Weißen eine hervorragende Regionalliga-Saison und sicherten sich so völlig verdient den Aufstieg in die 3. Liga. Erstmals nach 23 Jahren wird im Sachs-Stadion damit wieder Profifußball gespielt!
Damit diese Rückkehr kein kurzes Hurra wird, ließen sich die Unterfranken im Sommer nicht lumpen: Das Stadion wurde auf Vordermann gebracht, alle Leistungsträger sowie Aufstiegstrainer Viktor Kleinhenz wurden an den Verein gebunden und zudem einige spannende externe Spieler verpflichtet – ohne dabei den fränkischen Anstrich zu verlieren.
Transfers: Der Star der Neuzugänge ist zweifellos der 121-fache Bundesligaspieler und gebürtige Schweinfurter Johannes Geis, der die spielerische Qualität im Mittelfeld erhöhen soll. Neben Geis bringen aber auch Erik Shuranov, Tim Latteier, Toni Stahl, Nico Grimbs, Pius Krätschmer und Manuel Wintzheimer einiges an höherklassiger Erfahrung mit. Mit Uche Obiogumu wurde zudem ein spannendes Talent aus Nürnberg ausgeliehen. Kurzum: Die Transfers erscheinen vielversprechend und können sich für einen Aufsteiger sehen lassen.
Testspiele: Nach zwei klaren Siegen gegen Grettstadt (14:0) und Eichstätt (5:1) folgten drei Niederlagen gegen die Regionalligisten Erfurt (1:2), Jena (1:3) und Sandhausen (2:3). Dafür konnte die Kleinhenz-Truppe den 1. FC Nürnberg mit 2:1 in die Knie zwingen und die erste Landespokalrunde gegen Bad Kissingen nach Rückstand für sich entscheiden (7:1). Zum Abschluss der Vorbereitung stehen noch die beiden Partien gegen Fulda-Lehnerz und Union Berlin an, ehe die Saison mit dem Auswärtsspiel bei Viktoria Köln eröffnet wird.
Prognose: Lange Jahre war Schweinfurt von der Fußball-Landkarte verschwunden. Nun sind die Schnüdel wieder da – und haben das Potential zur positiven Überraschung. Unter der Leitung des taktisch versierten Kleinhenz ist den Kugelstädtern mehr als nur der Klassenerhalt zuzutrauen, sofern sie die große Euphorie konservieren können. Platz 14-18.
Ausgangslage: Die meisten Fußballromantiker dürften sich einen anderen Aufsteiger aus der Regionalliga Südwest als die Zweitvertretung der TSG Hoffenheim gewünscht haben. Doch es lässt sich festhalten, dass sich die Kraichgau-Youngstar den erstmaligen Aufstieg in die Drittklassigkeit mehr als verdient haben: Nach zwei dritten Plätzen in den Vorjahren dominierte die TSG die vergangene Saison mit einem attraktiven Offensivfußball: 86 erzielte Tore stellen den Bestwert aller fünf Regionalligen dar. 33 Gegentore reichten immerhin zur besten Defensive der Südwest Staffel.
Eine famose Leistung von Trainer Vincent Wagner, die auch der SV Elversberg nicht verborgen geblieben war, die den Aufstiegscoach im Sommer abwarb. Mit der Wagner-Nachfolge wurde Stefan Kleineheismann betraut, der eigentlich als neuer U19 Coach angedacht war. Für den 37-Jährigen ist es die erste Saison als Cheftrainer – die 3. Liga kennt der Ex-Spieler allerdings aus 222 Einsätzen bestens.
Transfers: In Hoffenheim trifft Kleineheismann auf eine Mannschaft, die – wie für eine Zweitvertretung üblich – einen mittelgroßen Umbruch verkraften muss. Abwehrchef Noah König (Fürth) und Mittelfeld-Ass Florian Micheler (Bielefeld) verlassen die TSG in Richtung zweite Liga, während Toptorjäger David Mokwa und Linksverteidiger Hannes Behrens in die erste Mannschaft hochgezogen wurden. Dem gegenüber stehen offiziell insgesamt zehn Spieler, die aus der U19 neu dazustoßen.
Hinzu kommen fünf externe Transfers, von denen vor allem zwei für Aufsehen sorgen: Da wären Sturmtalent Deniz Zeitler, den die Kraichgauer für eine Millionenablöse aus Ingolstadt loseisten, und Nader Jindaoui, der auf Social Media ein Millionenpublikum begeistert und nun in Hoffenheim die Mentorenrolle für die vielen Youngstars übernehmen soll.
Testspiele: Nein, noch fehlt Blau-Weißen der richtige Flow. Nur gegen Regionalligist Schott Mainz gab es einen Sieg (3:2), anschließend folgte eine Niederlage gegen Ligakonkurrent Wiesbaden (0:3). Auch gegen die beiden Regionalligisten Freiburg II (2:2) und Stuttgarter Kickers (1:4) tat sich die Kleineheismann-Elf schwer. Die Generalprobe vor dem Saisonauftakt gegen Mit-Aufsteiger Havelse steigt am kommenden Wochenende gegen Astoria Walldorf.
Prognose: Als wäre die 3. Liga nicht ohnehin schon unberechenbar genug, setzen die Zweitvertretungen dem ganzen noch mal die Krone auf. Vom Talent her dürfte Hoffenheim II sicherlich zu den besten Mannschaften der Liga zählen, allerdings stellt sich die Frage nach der nötigen Reife und der Konstanz. Entsprechend erscheint ein Auf- und Ab in der unteren Tabellenhälfte am realistischsten. Platz: 16-19