Regionalliga-Reform gefordert: Aufstieg zur 3. Liga vor grundlegender Veränderung?

Seit Jahren sorgt die Aufstiegsregelung zur 3. Liga für hitzige Debatten im deutschen Fußball. Fünf Regionalligen kämpfen um nur drei direkte Plätze – oft auf Kosten sportlicher Fairness. Besonders Klubs aus dem Nordosten müssen regelmäßig den Umweg über die Relegation gehen, was Widerstand und Reformeifer befeuert.

Während sich immer mehr Vereine in Initiativen zusammenschließen, plant der DFB eine tiefgreifende Strukturveränderung. Doch gelingt der Spagat zwischen sportlicher Gerechtigkeit, wirtschaftlicher Machbarkeit und regionaler Identität?

Historie und Status Quo der Aufstiegsregelung zur 3. Liga

Mit dem Start der 3. Liga im Jahr 2008 gab es darunter zunächst drei Regionalligen mit drei Aufsteigern. Inzwischen sind jedoch fünf Regionalligen als vierte Spielklasse angesiedelt. Lange bedeutete das: fünf Meister, aber nur drei Aufstiegsplätze. Die Folge: Nicht jeder Regionalliga-Champion bekam den Direktaufstieg.

2018 reagierte der DFB mit einer Anpassung: Drei Meister steigen seitdem jährlich direkt in die 3. Liga auf, zwei weitere müssen den Weg über die Relegation gehen. Damit wollte man faire Bedingungen schaffen – doch vor allem die regionale Verteilung der Relegationsspiele sorgt nach wie vor für Diskussionen.

Besonders hart trifft es regelmäßig die Regionalliga Nordost, deren Clubs in der Vergangenheit sehr oft scheiterten. Daraus entstand die Initiative der Ostvereine, ein Zusammenschluss von 17 Clubs, die eine gerechtere Regelung beim Regionalliga-Aufstieg fordern.

Finanzielles Nadelöhr zwischen Amateur- und Profisport

Der Aufstieg in die 3. Liga ist nicht nur sportlich von großer Bedeutung – auch wirtschaftlich eröffnet er neue Möglichkeiten. Ab dieser Spielklasse steigt die mediale Präsenz deutlich, was sie für Sponsoren attraktiver macht.

Besonders Glücksspielunternehmen, die nicht nur mit Spielautomaten, sondern vor allem auch mit Sportwetten ihr Geld verdienen, engagieren sich verstärkt ab der 3. Liga. Trikotsponsoring, Bandenwerbung oder Namensrechte an Stadien sind gängige Mittel, um Sichtbarkeit zu erzeugen und neue Zielgruppen zu erreichen.

Gerade im unteren Profibereich sind solche Einnahmen für viele Vereine überlebenswichtig. Der Sprung in die 3. Liga bedeutet für Clubs oft den Zugang zu neuen Sponsorenkreisen, professionelleren Vermarktungsstrukturen und einer besseren finanziellen Planbarkeit.

Gleichzeitig wirft diese Verbindung Fragen auf: Wie stark darf wirtschaftlicher Einfluss das Spiel prägen? Und welche Verantwortung tragen Clubs im Umgang mit sensiblen Branchen?

Kritik am bisherigen System: Ungleichheit und sportliche Benachteiligung

Die aktuelle Meisterregelung sorgt für ungleiche Chancen im Kampf um den Aufstieg in die 3. Liga. Während in einigen Staffeln der direkte Weg zur Teilnahme möglich ist, entscheidet andernorts eine Relegation über das sportliche Schicksal. Besonders betroffen ist die Regionalliga Nordost. Seit 2018 scheiterten dort alle Meister an der letzten Hürde – obwohl sie sportlich auf Augenhöhe agierten.

Die Relegation steht deshalb stark in der Kritik. Sie zwingt Titelträger in risikoreiche Zusatzspiele, in denen nicht immer die Leistung zählt. Auch wirtschaftlich stellt sie ein Problem dar: Vereine planen mit hohem Aufwand – ohne Gewissheit über ihre Ligazugehörigkeit.

Immer mehr Stimmen fordern eine Überarbeitung des Systems. Die heutige Regelung gilt vielen als klare Wettbewerbsverzerrung. Ex-Trainer Peter Neururer sprach sogar von einem Mangel an Fairness und forderte in einer DFB-Reform deutliche Konsequenzen – zugunsten der sportlichen Gerechtigkeit.

Reformansätze und Initiativen: Konzepte, Vorschläge und Allianzen?

Kern des Reformvorschlags ist eine Strukturreform mit nur noch vier Regionalliga-Staffeln – damit könnten künftig alle Meister direkt aufsteigen. Unterstützt wird dieser Ansatz von der Initiative “Aufstiegsreform 2025”, die inzwischen bundesweit von 28 Vereinen getragen wird. Im Gespräch ist dabei eine Regionalliga Süd, in der Clubs aus Bayern und Baden-Württemberg versammelt wären, während Hessen in die Ost-Staffel wechseln könnte.

Für den Übergang ist ein Zwischenschritt mit vier Ligen à 22 Mannschaften vorgesehen. Danach würde die Zahl auf 20 reduziert – zehn Vereine verlieren dadurch ihren Platz in der Regionalliga.

Die geplante Staffeleinteilung würde eine faire Basis für den Aufstieg bieten – unabhängig von der geografischen Lage. Die Initiatoren sehen darin einen wichtigen Schritt hin zu mehr Chancengleichheit im Unterbau des deutschen Fußballs.

Der Entscheidungsmechanismus ist nicht einfach

Die zentrale Reformentscheidung zur künftigen Aufstiegsregelung fällt am 7. November 2025 – dann tagt der DFB-Bundestag als höchstes Gremium des deutschen Fußballs. Eine Reform würde nicht nur sportlich, sondern auch strukturell neue Weichen stellen und wäre ein entscheidender Schritt im laufenden Strukturprozess.

Begleitet wird der Weg von einer Task Force, die der DFB bereits 2020 einberufen hat, um die wirtschaftliche und sportliche Stabilität der 3. Liga zu sichern. Derzeit werden in der Gremienarbeit verschiedene Modelle diskutiert – beteiligt sind Vertreter der Regionalligen, der Landesverbände und Funktionäre auf DFB-Ebene.

Zugleich wächst der Einfluss der Initiative, in der sich sogar Drittligisten wie Dynamo Dresden und Erzgebirge Aue für mehr Vereinsbeteiligung bei strukturellen Entscheidungen stark machen. Ob am Ende eine faire Lösung steht, hängt also auch davon ab, wie viel Mitspracherecht die Vereine beim DFB-Bundestag bekommen.

Herausforderungen der Reform: Praktikabilität, Widerstände und Finanzierung

Die geplante Reduzierung der Regionalliga-Staffeln stellt viele Vereine vor große Herausforderungen. Zehn Clubs würden durch die neue Struktur ihren Platz in der Viertklassigkeit verlieren. Für viele semi-professionelle Teams wäre der Spielbetrieb in einer bundesweit erweiterten Liga finanziell kaum zu stemmen – Mehrkosten durch größere Distanzen, zusätzlicher Personalbedarf und höhere Anforderungen an Infrastruktur inklusive.

Auch organisatorisch müsste vieles neu aufgestellt werden, was vor allem kleinere Vereine aus strukturschwächeren Regionen unter Druck setzt. Die Übergangsregelung mit jeweils 22 Mannschaften je Staffel bedeutet zudem ein Übergangsjahr mit starker Belastung. Gleichzeitig befürchten viele Fans einen weiteren Schritt in Richtung Professionalisierung – und dadurch den Verlust lokaler Identität. Ein Blick auf die Teilnehmer der 3. Liga 2025/26 zeigt bereits, wohin sich die Liga durch die Reform entwickeln könnte.

Moderner Fußball und traditionelle Identität – gelingt der Spagat?

Fußball ist Identität – gerade in den Regionalligen, wo Vereine wie das jüngst am Drittliga-Aufstieg gescheiterte Lok Leipzig tief im lokalen Leben verankert sind. Veränderungen wie der Wegfall ganzer Staffeln treffen deshalb nicht nur sportliche Ambitionen, sondern auch die gewachsene Fußballkultur.

Traditionsduelle könnten verschwinden, regionale Zugehörigkeit leiden. Gleichzeitig verändert sich unser Spielverhalten, nicht nur auf dem Platz, sondern auch digital. Nicht alle Vereine werden mit den Entwicklungen in der nächsten Zeit Schritt halten können.

   

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