"Zwei krasse Fehlentscheidungen": Schiri-Wut bei Aachen
Trotz 80-minütiger Unterzahl und eines ganz späten Gegentreffers nahm Alemannia Aachen bei Hansa Rostock noch einen Punkt mit – einem Tor in der zehnten (!) Minute der Nachspielzeit sei Dank. Neben dem starken Kampf der Schwarz-Gelben wurde aber vor allem über Schiedsrichter Daniel Bartnitzki diskutiert, der sich nach Ansicht von Bentley Baxter Bahn "zwei krasse Fehlentscheidungen" leistete. Zumindest eine räumte der 29-Jährige im Nachgang auch ein.
Bahn: "Ich platze"
Gerade mal zehn Minuten waren gespielt, als es den ersten großen Aufreger der Partie gab: Nachdem Wiebe einen langen Ball erst an den Rücken und dann den Arm bekommen hatte, sah er von Bartnitzki glatt Rot. "Ich platze", war Bahn bei Ansicht der Bilder im "MagentaSport"-Interview mächtig bedient. "Das hat mit Hand nichts zu tun. Bei aller Liebe, aber das ist Rücken." Warum es in dieser Szene dennoch die rote Karte gab, erklärte der Unparteiische so: "Ich habe es auf dem Feld so wahrgenommen, dass es eine leichte Handbewegung gibt. Damit verhindert er für mich eine klare Torchance, und deshalb gab es in dem Fall die rote Karte."
Die TV-Bilder zeigen zwar eine Berührung, allerdings mit dem Oberarm, was bekanntlich kein Handspiel darstellt. Entsprechend lag eine Fehlentscheidung vor. Bartnitzki vertrat allerdings dennoch die Auffassung, dass die TV-Bilder nicht zeigen würden, "ob da wirklich die Hand am Ball war oder nicht". Gleichwohl räumte er ein, dass er "schon verstehen" könne, "dass man dort auch eine andere Meinung hat". Bartnitzki sprach von einer "sehr, sehr engen Szene" und meinte: "Ich hätte auch gerne eine finale Aufklärung, ob er wirklich dran war oder nicht. Aber ich bin auch ehrlich: Von solchen 50:50-Szenen werde ich beim nächsten Mal eher die Finger lassen und zu klareren Entscheidungen tendieren."
Elfmeter? Bartnitzki räumt "falsche Wahrnehmung" ein
Der zweite große Aufreger ereignete sich kurz vor der Pause. Joel da Silva Kiala bekam den Ball außerhalb des Strafraums an den Kopf, dennoch wollte Bartnitzki ein Handspiel innerhalb des Sechzehners erkannt haben und entschied daher auf Elfmeter für Hansa, den Fatkic zum 1:1 verwandelte. "Ist die Hand überhaupt oben oder irgendwo in der Nähe? Also, das ist Wahnsinn, das ist wirklich Wahnsinn", konnte Bahn es nicht fassen. Und auch Bartnitzki musste im Nachgang einräumen, dass er hier falsch lag: "Da brauchen wir auch nicht lang drum herum zu diskutieren. Auf dem Feld sehe ich, dass der Arm weit abgespreizt ist. Aber am Ende geht der Ball leider nicht an den Arm, sondern an den Kopf. Dann ist es einfach eine falsche Wahrnehmung und ein falscher Strafstoß. In dem Moment hätte ich mir einen zweiten Blick drauf gewünscht."
Dass es diese Möglichkeit in der 3. Liga nicht gibt, davon ist auch Bahn kein Freund. "Bei aller Liebe, aber da müssen wir uns alle in dieser Liga mal hinterfragen. Hier sind 25.000 Zuschauer im Stadion. Da muss man mal irgendwie zusehen, dass hier zumindest ein iPad steht, damit wir nicht jede Woche über solche Fehlentscheidungen reden müssen." Denn diese hätten das Spiel "komplett kaputt gemacht".
Bahn regt VAR-Light an
Der 33-Jährige regte an, dass sich der Vierte Offizielle ("Der hat sowieso nicht viel zu tun") die Szenen im Rahmen eines VAR-Light mit dem bereits vorhandenen TV-Bildern nochmal anschauen sollte, "wenn es nicht die teuren Sachen sein sollen". Gemeint ist der Videobeweis aus den Bundesligen, dessen Einführung in der 3. Liga bislang auch aus Kostengründen gescheitert ist. "Die Zeit müssen wir uns nehmen, ganz einfach. WLAN gibt es hier glaube ich auch." Bartnitzki würde die Möglichkeit von technischen Hilfsmitteln "durchaus" begrüßen, mache der VAR den Fußball doch gerechter. Zumindest ein Stück weit, denn zu 100 Prozent sei das nicht möglich. "Wir haben auch mit VAR Diskussionen, denn es wird im Fußball immer Entscheidungen geben, die im Graubereich sind. Von daher würde es sicherlich in Teilen helfen, ist aber auch sicherlich kein Allheilmittel."
Zu sehr am Schiedsrichter abarbeiten wollte sich Bahn dann aber auch nicht: "Der macht es mit Sicherheit nicht mit Absicht, und für den geht es auch schnell. Deswegen lassen wir ihn jetzt in Ruhe. Der ist selber sauer, wenn er das sieht, weil er weiß, dass es zwei krasse Fehlentscheidungen waren." Während Trainer Mersad Selimbegovic die Szenen nicht weiter kommentieren wollte und nur allgemein meinte, dass der Schiri "keinen guten Tag erwischt" und "ein paar Fehler zu viel gemacht" habe, konnte Hansa-Coach Daniel Brinkmann den Ärger der Aachener "durchaus teilen".
"Bin unheimlich stolz heute"
Dass die Alemannia trotz 80-minütiger Unterzahl noch einen Punkt mitnahm, würdigte Bahn mit einem "riesen Kompliment" an die Mannschaft. Loune hatte den TSV nach 34 Minuten zunächst in Führung gebracht, ehe Hansa die Partie durch den Fatkic-Elfmeter und einen Treffer in der fünften Minute der Nachspielzeit drehte. Mit der letzten Aktion traf Ademi dann noch zum Ausgleich (90.-10.) "Ich bin unheimlich stolz. Wir haben 75 Minuten auf Zeit gespielt, alles reingehauen und völlig verdient einen Punkt mitgenommen." Selimbegovic dankte einerseits den Fans ("Was die Fans letzte Woche geleistet haben, hat uns geholfen, heute so aufzutreten"), ärgerte sich andererseits aber auch darüber, dass seine Mannschaft die Chancen zum 2:0 und 2:1 nicht genutzt hatte. "Dann gewinnen wir das hier", war der 43-Jährige überzeugt.
Dennoch freute er sich natürlich über die starke Reaktion seines Teams nach der 1:3-Niederlage in Duisburg vor einer Woche. "Das kann ein guter Anfang sein, was Energie, Pegel und Level betrifft. Zudem haben wir sehr leidenschaftlich verteidigt." Durch den Punktgewinn bleibt die Alemannia zudem über dem Strich und kann nun zuversichtlich in die Partie gegen Viktoria Köln am nächsten Samstag gehen. Ob Marius Wegmann dabei sein wird, ist allerdings offen, nachdem er in Minute 54 von zwei Betreuern gestützt den Platz verlassen musste.
Bahn entschuldigt sich für Olschowsky-Aktion
Indes entschuldigte sich Bahn bei Hansa und seinen Fans dafür, dass Keeper Jan Olschowsky nach Spielende provokant mit der Eckfahne gejubelt hatte. "Das war ein bisschen dem geschuldet, dass er noch ein Jung ist. Der bereut das jetzt schon. Und wenn er sich entschuldigen könnte, dann würde er das auch tun. Das macht man nicht, und von daher hoffe ich, dass es akzeptiert wird. Sorry an dieser Stelle."