Strittige Szenen bei FCK gegen FSV: Die Analyse von Babak Rafati

Die Foulspiele von Manfred Starke und Jean Zimmer sowie die rote Karte gegen Anil Gözütok. Beim Nachholspiel zwischen Kaiserslautern und Zwickau hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de drei Szenen genauer angeschaut.

Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 50-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).

Szene 1: Anas Ouahim (Kaiserslautern) wird im Mittelfeld von Manfred Starke (Zwickau) rüde und mit offener Sohle zu Fall gebracht. Eine Karte zeigt Schiedsrichter Patrick Hanslbauer nicht. [TV-Bilder – ab Minute 25:55]

Babak Rafati: Ouahim will im Mittelfeld zum Ball, dabei springt Starke am Boden scherenartig mit beiden Beinen von vorne in Richtung des Balls und spielt diesen mit dem linken Fuß auch, trifft dabei aber auch den Gegner am Fuß und bringt ihn zu Fall. Diese Aktion ist mindestens mit der gelben Karte zu sanktionieren. Eine Fehlentscheidung, überhaupt keine Karte für dieses Foulspiel zu zeigen.

Szene 2: Im Mittelfeld geht Anil Gözütok (Kaiserslautern) in Karate-Manier und mit gestrecktem Bein auf Kopfhöhe in einen Zweikampf mit Mike Könnecke (Zwickau). Der Schiedsrichter zeigt glatt Rot. [TV-Bilder – ab Minute 2:50]

Babak Rafati: Der Ball wird vor dem Lauterer Strafraum hoch in die Luft geschossen. Als der Ball herunter kommt, köpft Könnecke den Ball weiter, dabei kommt Gözütok schwungvoll mit gestrecktem Bein in Karate-Manier auf Kopfhöhe und trifft zum Glück fast ins Leere – vielleicht touchiert er ihn an der Schulter. Mit dieser Spielweise, auch wenn kein Treffer/Tritt entsteht, gefährdet Gözütok die Gesundheit von Könnecke und kann bei einem Treffer böse Verletzungen verursachen. Der Schiedsrichter entscheidet auf Rot und hat dafür in dieser Szene – für sich abstrakt betrachtet – Argumente, sodass die rote Karte vertretbar ist. Die Schiedsrichter sind von der FIFA angehalten, insbesondere bei Foulspielen im Kopf-/Gesichtsbereich, konsequent durchzugreifen. Natürlich kann man auch berechtigt argumentieren, dass Gözütok seinen Gegenspieler Könnecke kaum trifft und final im Ergebnis zu einer gelben Karte tendieren. Das wäre hier besser vertretbar gewesen.

Ganz einfach, um eine einheitliche Auslegung anzuwenden. Wenn man in der Szene zuvor – bei der mehr getroffen wird, als in dieser Szene – noch nicht einmal eine gelbe Karte zeigt, ist eine rote Karte in dieser Szene komplett überzogen. Die Kategorisierung der Foulspielbewertungen und die dazugehörige Kartenfarbe passen überhaupt nicht zueinander, wenn man beide Szenen vergleicht. Es geht um Einheitlichkeit und Berechenbarkeit der Spielleitung, damit die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz auf beiden Seiten hergestellt wird. Optimal und einheitlich wäre es gewesen, wenn der Schiedsrichter in beiden Szenen jeweils Gelb oder jeweils Rot gezeigt hätte, wobei ich zu jeweils Gelb tendiere. Sicherlich auch eine Frage der Erfahrung, die oftmals bei den Schiedsrichter in der 3.Liga noch nicht vorhanden beziehungsweise ausgereift ist. Ich kann somit den Ärger der Beteiligten absolut nachvollziehen. Ergänzender Hinweis: Weil der Schiedsrichter in der ersten Szene keine gelbe Karte zeigt, ist er – wie ich finde – mitverantwortlich dafür, dass überhaupt diese Aktion im Laufe des Spiels in Karate-Manier passiert. Die Spieler verlieren das Maß und werden undisziplinierter.

 

Szene 3: Jean Zimmer (Kaiserslautern) bringt Steffen Nkansah (Zwickau) rüde zu Fall und sieht dafür die gelbe Karte.  [TV-Bilder – ab Minute 1:49:20]

Babak Rafati: Zimmer kommt schnell angelaufen und will seinen Gegenspieler Nkansah auf dessen linker Abwehrposition attackieren und den Ball blockieren. Dabei springt er mit vollem Einsatz zum Ball, trifft nur das Spielobjekt und nicht Nkansah. Das ist zwar ein rustikaler, aber absolut fairer Einsatz, sodass die Freistoßentscheidung sowie die gelbe Karte hierfür eine Fehlentscheidung sind.

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