Saisonfazit Chemnitzer FC: Potential zu spät abgerufen

Der Chemnitzer FC ist mit großen Ambitionen in die Spielzeit 2015/16 gestartet. Die Vorsaison wurde mit 59 Punkten und einem Torverhältnis von 44:36 auf dem fünften Tabellenplatz beendet. Mit prominenten Neuzugängen sollte es eigentlich weiter bergauf gehen. Doch das Gegenteil stellte sich ein. Die sportliche Entwicklung nahm in der abgelaufenen Spielzeit eine dramatische Wende. Nur eine radikale Entscheidung bewahrte die Himmelblauen vor dem Absturz in die Regionalliga. Im Folgenden schaut sich liga3-online.de die Saison nochmal im Detail an.

Das lief gut:

Der Saisonendspurt war aller Ehren wert. Von den letzten neun Spielen gewannen die Chemnitzer acht und beendeten die 3. Liga mit 55 Punkten auf dem sechsten Tabellenplatz. Der Zuschauerschnitt wuchs nicht zuletzt aufgrund des fast fertigen Stadions an der Gellertstraße. Der neue Fußballtempel in der drittgrößten Stadt der neuen Bundesländer wurde von durchschnittlich 7.453 Zuschauern besucht, eine Steigerung von 1650 Zuschauern gegenüber der vorangegangenen Spielzeit (5803). Auch die Offensive zeigte sich mit 52 Toren angriffslustiger als im Vorjahr (44), die Tordifferenz sank jedoch von plus acht auf plus sechs.

Das lief nicht gut:

Mehr Tore, aber eine schlechtere Tordifferenz bedeuten in der Konsequenz mehr Gegentore. Und genau das ist einer der Kritikpunkte. Teils irrsinniger Hurrafußball führte oftmals zu einer entblößten Defensive. Die Anzahl der Gegentreffer wuchs von 36 auf 46. Auch die Offensivleistung wäre um Einiges schlechter, hätte es Anfang März nicht den Trainerwechsel von Karsten Heine zu Sven Köhler gegeben. In elf Spielen unter Köhler fielen 22 Tore für den CFC, unter Karsten Heine und Interimscoach Kay-Uwe Jendrossek, der Heine während einer Hörsturz bedingten Zwangspause vertrat, waren es 30 Tore in 28 Spielen.

Bester Spieler:

Anton Fink ist und bleibt die sportliche Lebensversicherung der Himmelblauen. Im Vorjahr standen für den gebürtigen Bayern nach 38 Spielen respektable 17 Tore zu Buche. In diesem Jahr erzielte Fink in 37 Spielen 16 Treffer und legte für weitere 11 Tore auf. Wäre der Rekordtorjäger der 3. Liga, der als erster Spieler mehr als 100 Tore in Deutschlands dritthöchster Spielklasse erzielte, unter Karsten Heine oftmals aber nur als Mittelfeldakteur aufgeboten wurde, wie früher üblich im Sturmzentrum aufgeboten worden, hätte der zweifache Drittliga-Torschützenkönig dem diesjährigen Topkanonier Justin Eilers die Torjägerkanone ernsthaft streitig machen können.

Schwächster Spieler:

Als Heilsbringer verplichtet, avancierte Martin Fenin von Beginn an zum Fehlgriff. Nur zwei Einsätze mit 78 Spielminuten standen für den früheren tschechischen Nationalspieler und Bundesliga-Akteur im Arbeitsnachweis. Nach wiederholten Auffälligkeiten außerhalb des Platzes folgte in der Rückrunde gar die vorzeitige Vertragsauflösung und der Gang vors Arbeitsgericht. Ebenfalls eine absolut ernüchternde Saison erlebte der ehemalige Fürther Marco Rapp. Anstatt das defensive Mittelfeld zu stärken, durfte Rapp nur ein einziges Mal aufs Feld – für eine Spielminute.

Saisonhighlight:

Eigentlich gab es nur ein Spiel, welches noch lange in Erinnerung bleiben dürfte. Die Erstrundenpartie im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund. Auch wenn der CFC das Aufeinandertreffen mit dem BVB mit 0:2 verlor, war es ein ganz besonderes Spiel. Die Stadt schon Wochen vorher wie elektrisiert, die Fans stehen Schlange um noch eine Karte zu ergattern. Ganz Clevere treten kurzerhand als Mitglied dem Verein bei oder sichern sich eine Dauerkarte um sich das begehrte Vorkaufsrecht zu sichern, anstatt auf dem Schwarzmarkt Wucherpreise berappen zu müssen.

Negatives Saisonhighlight:

Die große sportliche Katastrophe für jeden CFC-Fan schlechthin gab es in diesem Spieljahr gleich im Doppelpack. Gegen Erzrivale und Derbygegner Erzgebirge Aue verloren die Himmelblauen sowohl das Hinspiel vor eigenem Publikum (1:2), wie auch das Rückspiel im Lößnitztal (0:2). Am Ende der Spielzeit stieg Aue sogar in die zweite Bundesliga auf – die Höchststrafe für jeden CFC-Fan.

Die Transfers:

Das Personalkarussell drehte sich so schnell, dass einem beim Zusehen schwindelig werden konnte. Gäbe es für die 3. Liga ein Panini-Stickeralbum, hätte der halbe Kader des CFC in der Winterpause mit neuen Bildern überklebt werden müssen. Von zwölf Neuzugängen, davon elf von außerhalb des Vereins, verließen im Winter oder im Fall von Martin Fenin im Verlauf der Rückrunde, schon wieder fünf den Verein. Zählt man die zehn Abgänge in der Sommerpause sowie vier weitere Abgänge im Winter hinzu, addiert sich die Summe derer, die den Verein verließen auf 19, denen insgesamt 20 neue Spieler gegenüberstanden, davon mit Kevin Tittel, Tom Baumgart und Danny Breitfelder drei Spieler aus dem Verein. Stephan Beutel erwarb sich den fragwürdigen Titel „Einkaufsbeutel“. Die Kritik einzig am Sportdirektor festzumachen greift allerdings zu kurz. Gerade der Fall Marius Gersbeck zeigt, dass auch Heine den ein oder anderen Transfer eigenmächtig durchgedrückt haben dürfte. Der Ex-Hertha II Coach holte Torhüter Gersbeck aus der Bundeshauptstadt und verhalf dem BSC-Keeper auf Anhieb zum Drittliga-Debüt. Der 20-Jährige verpatzte seine Bewährungsprobe und fing sich in Kiel gleich fünf Gegentreffer, von denen konservativ gezählt zwei eindeutig auf seine Kappe gingen. Nach Heines Abgang war auch das Kapitel Gersbeck beendet.

Die Trainer:

Noch nie war der CFC in der 3. Liga so gut wie unter Karsten Heine – zumindest in der Vorsaison. Der fünfte Platz, 59 Punkte, obendrein noch Sachsenpokalsieger, das hörte sich gut an. Als der CFC Anfang März in akuter Abstiegsgefahr schwebte und die Verantwortlichen die Reißleine zogen, war der Fußballlehrer noch immer davon überzeugt, dass die Mannschaft auch mit ihm keinesfalls absteigen würde. Dass dieses Potential innerhalb der Mansnchaft definitiv vorhanden war und ist zeigte aber erst Nachfolger Sven Köhler. Der langjährige Trainer des Halleschen FC kehrte dorthin zurück, wo er in den 1980er und 90er Jahren erfolgreich Fußball spielte, ob im Europapokal, der DDR-Oberliga oder der gesamtdeutschen 2. Bundesliga. In elf Spielen holte Köhler 25 Zähler. Der Schnitt von 2,27 Punkten pro Spiel übersteigt den von Karsten Heine um 1,13 Punkte (23 Spiele / 26 Punkte) und den von Heine-Vertreter Kay-Uwe Jendrossek um 1,2 Punkte (4 Spiele / 4 Punkte).

Das Fazit:

Das Budget für den sportlichen Bereich stieg von etwa 2,84 Millionen Euro 2014/15 auf 3,3 Millionen Euro 2015/16. Rechnet man die jeweils erzielten Punkte gegen, verteuerten sich die Kosten pro Punkt von 48.135 Euro auf 60.000 Euro. Ein Abstieg wäre aber definitiv noch teuerer zu Stehen gekommen. Vom Aufstieg mussten sich die Himmelblauen frühzeitig verabschieden und auch im Sachsenpokal war früh Schluss. Dennoch hätte sich der CFC über die 3. Liga durchaus für eine weitere Saison im DFB-Pokal qualifizieren können. Dafür hätte Karsten Heine aber eventuell schon nach dem 2:5 zum Jahresanfang in Kiel entlassen werden müssen. Nachfolger Sven Köhler war damals ebenfalls schon vertraglich ungebunden und somit für die Sachsen zu haben. Da mit der Trainerentlassung bis Anfang März abgewartet wurde, muss nun verbittert zur Kenntnis genommen werden, dass die DFB-Pokal-Quali über die Liga um einen Punkt verpasst wurde. Dafür hat man aber eine andere wichtige Erkenntnis: Das Potential, welches unter Köhler gezeigt wurde, das Sturmduo Anton Fink und Daniel Frahn und das neue Stadion sind ein Faustpfand für die kommende Saison.

Der Ausblick:

Die Mannschaft wirkte im Saisonendspurt gefestigt. Keine Spur mehr vom Angsthasenfußball unter Karsten Heine. Im Gegenteil! Das Gezeigte unterstrich das hohe Potential und das vorhandene Leistungsvermögen. Startet der CFC in die neue Spielzeit, wie er die alte beendete, kann im fertigen Stadion an der Gellertstraße im Frühjahr 2017 eventuell der Aufstieg gefeiert werden.

   

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