Leopold Zingerle im Interview: "Tote Hose sieht anders aus!"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Leopold Zingerle vom SC Paderborn über den Wechsel von Magdeburg nach Ostwestfalen, erklärt, was beim FCM schief lief und schätzt die Stärke seiner Mannschaft sowie die gesamte Liga ein.
Hintergrund: Leopold Zingerle entstammt aus der Talentschmiede des FC Bayern München, suchte dann 2015 den Weg in die 2. Bundesliga. Als ihm bei Greuther Fürth der Durchbruch verwehrt blieb, schloss er sich dem 1. FC Magdeburg an und übernahm im Winter die Stammtorhüter-Position von Jan Glinker. Trotz nur 17 Gegentreffern in 21 Spielen kam es zu keiner weiteren Zusammenarbeit – daher unterschrieb Zingerle kürzlich beim SC Paderborn einen Zweijahresvertrag.
[box type="info" size="large"]"Bedingungen in Paderborn sind erstligatauglich"[/box]
liga3-online.de: Hallo, Herr Zingerle. Sie sind 23 Jahre alt geworden, haben dafür aber schon einige Ecken von Deutschland gesehen.
Leopold Zingerle: Das stimmt! Paderborn ist nach Bayern und Sachsen-Anhalt noch einmal eine völlig neue Region. Ich fühle mich hier allerdings wohl, das kann ich in jedem Fall behaupten. Die ersten Tage sind gut verlaufen, auf wie neben dem Feld.
Als Sie noch für den FC Bayern aufliefen, gastierte der SC Paderborn einst im Jahr 2014 als Bundesliga-Spitzenreiter in der Allianz Arena und holte sich eine deftige Niederlage ab. Dann ging es lange bergab…
An diesen Moment kann ich mich tatsächlich noch erinnern, es muss irgendwann früh in der Saison gewesen sein. Die Entwicklung seitdem ist unglaublich gewesen für diese kurze Zeit, ein dunkles Kapitel für jeden Fan von Paderborn. Wir wollen alles daransetzen, mit der neuen Mannschaft bald wieder positive Schlagzeilen zu schreiben.
Skizzieren Sie doch kurz Ihre Karriere.
Nach der "Ausbildung" bei den Bayern wollte ich meine Chance ergreifen und bei Greuther Fürth einen Anlauf in der 2. Bundesliga wagen. Diese Station hat mir viel gebracht, obwohl ich den Durchbruch dort nicht erreicht habe, daher blicke ich mit einem lachenden Auge zurück. Dann wurde es der FCM in der 3. Liga, dort habe ich zuletzt regelmäßig gespielt. In Paderborn wird das ebenfalls mein Ziel sein.
Vom 1. FC Magdeburg zum SC Paderborn – vor drei Jahren bedeutete das noch einen Unterschied von drei Ligen. Woran bemerken Sie diesen Unterschied?
Speziell bei den infrastrukturellen Bedingungen bewegt sich Paderborn auf höchstem Niveau, das ist erstligatauglich. Die Trainingsplätze, der Kabinentrakt und alle sonstige Gebäude sind in bestem Zustand – das war beeindruckend.
[box type="info" size="large"]"Magdeburg war etwas ganz Besonderes wie Spezielles"[/box]
In Sachen Fan-Unterstützung wird künftig jedoch alles eine Nummer kleiner ausfallen, denn der FCM war in puncto Zuschauerzahlen der Ligaprimus. Paderborn bewegt sich im Mittelfeld dieser Tabelle. Werden Sie die Stimmung in der MDCC-Arena vermissen?
Natürlich – Magdeburg war etwas ganz Besonderes wie Spezielles. Man muss aber auch sagen: Der FCM ist Spitzenreiter in dieser Liga und weit vom Normalzustand entfernt, die Fans könnten locker in höheren Ligen mithalten. Ich freue mich nun auf die Stimmung beim SC Paderborn, auch hier kommen genug Fans für eine gute Atmosphäre zu den Heimspielen. Tote Hose sieht anders aus!
Überhaupt erscheint der Wechsel vom Vierten und Fast-Aufsteiger in die 2. Bundesliga zum sportlichen Absteiger zunächst als ein Rückschritt. Argumentieren Sie dagegen.
Es stimmt, dass dies auf den ersten Blick so aussehen mag. Letztendlich spielen aber beide Mannschaften weiterhin in der 3. Liga und in Zukunft sollte es nicht unser Anspruch sein, nur um den Klassenerhalt mitzuspielen – so eine Saison wie die letzte möchte hier schließlich niemand noch einmal erleben.
Welche Rolle spielte der Sportliche Leiter Markus Krösche bei Ihrem Transfer?
Er spielte eine wichtige Rolle, aber ist nicht allein der Grund für meinen Wechsel. Vielmehr kam der erste Kontakt über Torwarttrainer Nico Burchert zustande, mit dem ich mich längere Zeit über den Verein unterhalten habe. Er hat mir die Möglichkeiten hier offenbart, diese haben mich überzeugt. Daraufhin habe ich mich gegen andere Angebote und für den SCP entschieden.
Außerdem müssen wir fragen: Was lief in Magdeburg letztendlich schief? Es gab mächtig Aufregung über die Nicht-Vertragsverlängerung. Ihren eigenen Aussagen zufolge wollte der FCM nur in der 2. Bundesliga mit Ihnen weitermachen.
So war es. Ich habe nie ein Angebot aus Magdeburg bekommen und diesen Sachverhalt dann öffentlich kommuniziert. Auch, um dem Unverständnis der Fans etwas vorzubeugen und das aufzuklären.
Bereuen Sie im Nachhinein, diesen Sachverhalt sogleich an die große Glocke gehangen zu haben?
Nein, ich würde das wieder so machen. Klar: Hinterher ist man immer schlauer und vielleicht hätte ich die ein oder andere Sache anders formulieren können. Im Großen und Ganzen aber stehe ich zu meinen Aussagen.
[box type="info" size="large"]"Steffen Baumgart weiß, was er will"[/box]
Blicken wir nach vorne. Der SC Paderborn hat sein Gesicht im Sommer deutlich verändert, neben Ihnen sind weitere junge Leute vorrangig aus der Regionalliga zum Kader hinzugestoßen. Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen den Erfahrenen und den Talenten?
Bisher haben wir eine ganz gute Mischung im Team, würde ich behaupten. Die jungen und entwicklungsfähigen Spieler lernen von den erfahrenen Jungs, die vorneweg marschieren und ihr Spielverständnis an die Nachwuchsspieler weitergeben. Wie das in der Saison funktioniert, ist jetzt aber noch nicht abzusehen, wir sind schließlich erst eine Woche im Training. Noch fehlen uns zudem die echten Härtetests. Ich freue mich schon richtig auf die Generalprobe gegen Schalke 04 – das wird ein Highlight für jeden.
Steffen Baumgart ist als Trainer ein Mann der klaren Worte, bisher hat das für gute Ergebnisse in Paderborn gesorgt. Schüchtert einen Spieler diese Tatsache vor einem Transfer ein Stück weit ein?
Ich hatte vor meinem Wechsel natürlich auch mit ihm gesprochen – es wäre naiv, dies nicht zu tun. Nun weiß ich, was auf mich "zukommt" (schmunzelt). Nein, bisher ist alles in Ordnung, die Zusammenarbeit funktioniert. Steffen Baumgart weiß, was er will und teilt dies auch mit.
In Magdeburg haben Sie mit Jan Glinker um die Stammtorhüter-Position gekämpft, nun wartet mit Michael Ratajczak noch ein "alter Hase" auf den aufstrebenden Torhüter Zingerle. Kommen Sie als Stammtorhüter oder als Herausforderer?
Die Situation ist mit der aus dem letzten Jahr tatsächlich gewissermaßen zu vergleichen. Ich sehe mich stets als Herausforderer des erfahreneren Keepers, eine Spielgarantie gibt es nicht. Aber es ist kein Geheimnis, dass ich nach meiner guten Rückrunde Blut geleckt habe und zu weiteren Einsätzen kommen möchte.
Wird ihr Ziel auf absehbare Zeit lauten, persönlich in die 2. Bundesliga aufzusteigen?
Erstmal ist es wichtig, mich hier durchzusetzen und hier meine Spiele zu machen. So einfach ist es schließlich nicht, zwischen den Pfosten seine Position zu behalten – und bist du einmal raus, ist der Weg zurück verdammt schwer. Ich möchte nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Schritt eins lautet: Mit Paderborn Erfolg zu haben und selbst so viele Einsätze wie möglich zu bekommen. Alles andere kommt erst danach.