"Greift ein, steht uns bei": Ulm-Kapitäne flehen Aufsichtsrat an
Nach fünf Niederlagen in Folge hat sich die Krise des SSV Ulm 1846 dramatisch zugespitzt – so sehr, dass die beiden Kapitäne Johannes Reichert und Christian Ortag den Aufsichtsrat des Vereins in einem internen Brief eindringlich zum Handeln aufgefordert haben. Das Schreiben, das man in dieser Form wohl selten gelesen hat, zeichnet ein dramatisches Bild der aktuellen Lage innerhalb der Mannschaft.
"Atmosphäre ist vergiftet"
In dem Brief, den die "Südwest-Presse" vorliegen hat, berichten Reichert und Ortag, die am Samstag verletzungsbedingt nicht zum Einsatz gekommen waren, von massiven Spannungen zwischen Team, Trainer und Sportdirektor: "Die Atmosphäre ist vergiftet, das Vertrauen zerstört", heißt es darin. Die Situation innerhalb des Teams sei mittlerweile "unerträglich" geworden, das Verhältnis zwischen Mannschaft, Trainer und insbesondere Sportdirektor (Markus Thiele; d. Red.) sei "komplett zerrüttet". Auch bei vielen Fans steht Thiele in der Kritik. Erst am Samstag hatte es nach der 0:5-Pleite gegen Rostock wieder "Thiele raus"-Rufe von den Rängen gegeben. Von Vorstandschef Thomas Oelmayer hatte der 43-Jährige dagegen zuletzt weiterhin Rückendeckung erhalten.
Die beiden langjährigen Führungsspieler schreiben weiter, die Spieler stünden "völlig schutzlos da" und erhielten "keinerlei Rückendeckung, keine Unterstützung, kein Vertrauen". Stattdessen würden sie intern wie öffentlich "zu Sündenböcken gemacht". Viele Spieler seien "am Ende ihrer Kräfte – seelisch, emotional und menschlich". Und weiter: "Auch für uns persönlich ist die Situation kaum noch auszuhalten." Sowohl Thiele als auch Trainer Moritz Glasbrenner hatten zuletzt mehrfach betont, dass es der Mannschaft an der nötigen Mentalität fehle und dass diese "zu lieb" sei.
"Neuanfang im sportlichen Bereich" gefordert
Reichert und Ortag machen deutlich, dass sie die aktuelle Situation als existenzbedrohend für den Verein ansehen: "Darum bitten wir euch aus tiefstem Herzen: Handelt jetzt, bevor es zu spät ist. Wir brauchen im sportlichen Bereich einen kompletten Neuanfang, um überhaupt noch die kleine Chance auf den Klassenerhalt zu wahren."
Die Kapitäne betonen, dass die Mannschaft dringend Menschen brauche, "die an sie glauben, die hinter ihr stehen, die ihr das Gefühl geben, nicht allein zu sein". Sie enden mit einem eindringlichen Appell: "Wir flehen euch an: Greift ein, steht uns bei und helft uns, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen, bevor alles zu spät ist." Wie der Aufsichtsrat auf den Hilferuf reagieren wird, dürfte sich zu Beginn der neuen Woche zeigen.