Ferchichi im Interview: "Niemand spielt gern in Havelse"

Wer sichert sich den letzten Platz der kommenden Drittliga-Saison? Am Sonntag fällt im Rückspiel zwischen Nord-Meister TSV Havelse und Nordost-Champion 1. FC Lok Leipzig die Entscheidung. Nach dem 1:1 im Hinspiel spricht Havelses Trainer Samir Ferchichi mit liga3-online.de über die Ausgangslage, das Erfolgsrezept des TSV und seine emotionale Verbindung zum Klub.
"Sind gute Dinge für das Rückspiel"
liga3-online: Das Hinspiel endete 1:1 – mit zwei Treffern kurz vor dem Abpfiff. Wie lautet Ihr Fazit zum Spiel, Herr Ferchichi?
Samir Ferchichi: Wir haben es sehr gut gemacht und den Matchplan umgesetzt, indem wir aus Umschaltmomenten gefährlich geworden sind und strukturiert verteidigt haben. Vor dem Tor haben wir zwar nicht immer die richtige Entscheidung getroffen. Insgesamt war es aber ein toller Auftritt, bei dem Lok Leipzig nur zu wenigen Chancen kam.
Wie war die Stimmung im Team auf der Rückreise?
Die Stimmung war top. Wir haben bei einem heimstarken Team eine souveräne Leistung gezeigt und uns eine solide Ausgangslage geschaffen – auch, wenn das späte Ausgleichstor bitter war. Niemand spielt gern in Havelse. Wir sind zuhause eine Macht und daher gute Dinge für das Rückspiel.
Wer ist nun im Vorteil?
Darauf gibt es keine klare Antwort. Einfach gesprochen: Wer mental und körperlich frischer ins Spiel geht, setzt sich durch. Nur weil wir zuhause spielen, sind wir nicht zwingend im Vorteil. Dennoch freuen wir uns darüber, dass wir die Chance haben, im Heimstadion aufzusteigen.
Was erwarten Sie im Rückspiel von Gegner Lok Leipzig?
Ich glaube nicht, dass Lok Leipzig in den wenigen Tagen das Konzept umwirft und einen komplett neuen Matchplan entwirft. Wir erwarten erneut eine Begegnung gegen einen robusten Gegner und werden weiter versuchen, die Schwächen auszunutzen.
"Der professionellste Feierabendklub Deutschlands"
Der TSV Havelse hat die Chance, nach 2021 zum zweiten Mal in die 3. Liga aufzusteigen. Was würde der Aufstieg für den Klub bedeuten?
Extrem viel. Vorher waren wir noch nie Meister geworden in der Regionalliga Nord. Der Aufstieg 2021 war zwar schön, aber aufgrund des Coronajahres kein Vergleich zur jetzigen Situation. Der Titel in der Nord-Staffel ist bereits ein Meilenstein und sensationell für den Verein. Jeder Spieler träumt davon, in großen Stadien zu spielen. Diesen Traum können sich die Jungs jetzt ermöglichen. Die Euphorie ist riesig und der Klub, die Stadt und die gesamte Region lechzen danach, diese Saison zu krönen.
Mit 14 Punkten Vorsprung wurde Havelse Meister. Was ist das Erfolgsrezept?
Wir haben uns stetig weiterentwickelt – nicht erst in dieser Saison. Dabei haben wir es geschafft, jeden Spieler besser zu machen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Mario Ilic kannte vor zwei Jahren noch niemand – jetzt ist er mit je 16 Treffern und Vorlagen einer der besten Torjäger aller Regionalligen. Wir haben aus einer guten eine sehr gute Mannschaft gemacht, die sich auf sämtliche sich verändernde Gegebenheiten in einem Match einstellen kann und eine unglaubliche Siegermentalität entwickelt hat.
Sie sind seit vielen Jahren beim TSV, trainierten zuvor einige Nachwuchsteams. Was ist der Klub für Sie – und welche Emotionen löst der Aufstieg bei Ihnen aus?
Es ist etwas ganz Besonderes für mich, in dieser erfolgreichen Phase des Vereins Trainer des TSV zu sein. Mein Werdegang im Klub ist so etwas wie eine Cinderella Story. Von der U16 an habe ich alle Mannschaften in Havelse trainiert – jetzt habe ich die Chance, den Verein zurück in den Profifußball zu führen. Für mich ist es mehr als nur ein Job, sondern eine Herzensangelegenheit.
Genau wie Sie sind auch viele andere Mitarbeiter seit einer gefühlten Ewigkeit im Verein. Ist auch dieser Zusammenhalt ein Grund für den Erfolg?
Definitiv. Der familiäre Charakter zeichnet den TSV Havelse schon immer aus. Wie unser Routinier Florian Riedel schon einmal gesagt hat: Wir sind der professionellste Feierabendklub Deutschlands. Bei uns haben auch schon die Spieler den Rasen gemäht. Wir nehmen uns alle nicht zu wichtig und sind alle Teamplayer. Diese positiven Eigenschaften führen uns nun hoffentlich auch zum Aufstieg in die 3. Liga.