Dieter Ferner: „Wir könnten eine Sänfte bauen“

Drei Jahre nach dem Gang in die Oberliga hat sich der 1. FC Saarbrücken wieder gefangen. Dieter Ferner über Gründe für ein neues Stadion, die Zukunft der Jugendarbeit und seine Zeit in den USA.

Dieter Ferner, der FCS hat die letzte Saison auf einem herausragenden sechsten Platz beendet. Nach zuletzt neun Siegen in Folge waren Sie nahe am Relegationsplatz dran. Haben Sie sich zum Schluss noch mehr Spiele gewünscht?

Vom Ende her betrachtet, war die letzte Saison überragend. Man darf aber nicht vergessen, dass wir eineinhalb Monate vor Saisonende noch nahe an einem Abstiegsplatz gestanden haben. Wir haben dann die Serie bei RW Ahlen mit dem 2:0 Sieg begonnen. Hätten wir dort verloren, was in diesem Spiel auch möglich war, wären wir nach diesem Spieltag auf einem Abstiegsplatz gelandet. Das zeigt, wie dicht in der letzten Saison alles zusammen war.

Die Liga war sehr ausgeglichen?

Wenn man die beiden Übermannschaften Rostock und Braunschweig herausnimmt, gab es zwischen dem vierten und dem letzten Tabellenplatz keinen großen Unterschied. Das hat die Liga ausgezeichnet.

Trainer Jürgen Luginger hat zu Beginn dieser Saison betont, dass der sechste Platz die Erwartungen übertroffen hat.

Wir waren mit dem Ziel in die Saison gestartet, nicht abzusteigen. Das war keine Sprechblase nach außen hin. Wir wussten, dass es sehr schwer wird. Während der Saison mussten wir auch Krisen durchstehen. Zum Beispiel; Start mit 3 Niederlagen; als zehn Spiele nicht gewonnen wurden; oder am Anfang der Rückrunde, als wir gegen Jena eine katastrophale Leistung abgerufen haben und dann in Heidenheim verloren; das waren brenzlige Situationen.

Nach den zuletzt guten Ergebnissen schielt der ein oder andere weiter nach oben. In Bezug auf das Saisonziel bleiben Sie jedoch beim einstelligen Tabellenplatz. Sind Sie Realist oder Tiefstapler?

Von den 20 Mannschaften wollen mit Sicherheit 18 oben mitspielen, wenn man die beiden zweiten Mannschaften ausschließt. Insgesamt ist die Liga in diesem Jahr noch ausgeglichener als es im letzten der Fall war. Der Weg nach oben ist kürzer, genauso aber der Weg nach unten. Wir haben jetzt seit drei Jahren erstmals einen vernünftigen Start hingelegt, was eine gewisse Euphorie im Umfeld mit sich bringt. Entsprechend erfreulich sind auch die aktuellen Zuschauerzahlen. Man stellt sich zwar immer den ein oder anderen mehr vor, aber man muss die Situation realistisch beurteilen. Wir haben fünf Spiele absolviert, um ein Fazit zu ziehen, muss man zehn bis zwölf Spiele ins Land ziehen lassen. Erst dann weiß man, wie die Leistungsstärke der anderen Mannschaften in etwa einzuschätzen ist. In unserer Mannschaft, wie auch in der gesamten Dritten Liga gab es große personelle Umbrüche. Insofern kann man die Lage noch gar nicht richtig einschätzen.

 


Anfang des Jahres haben Sie bei einem Fantreffen gesagt, dass im Falle des Abstiegs alle aktuellen Themen, etwa der Stadionneubau, ad acta gelegt werden könnten. Wären in Saarbrücken jetzt die Lichter aus?

Es würde weiterhin Fußball gespielt, das stünde mit Sicherheit fest, aber auf dem jetzigen Niveau und mit dieser finanziellen Ausstattung auf keinen Fall mehr. Ein Abstieg in die Regionalliga wäre absolut tödlich gewesen. Das wäre nicht nur von den Fans nicht mehr angenommen worden, sondern es wäre auch sehr schwer gewesen, dann nochmals aus dieser Liga herauszukommen. Die Regionalliga hätten wir uns in dieser finanziellen Form, wie wir sie in der Aufstiegssaison gefahren haben, mit Sicherheit nicht noch drei oder vier Jahre antun können, da die Sponsorengelder dann nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten.

Wie wichtig war der Aufstieg in die Dritte Liga, auch auf dem Hintergrund der bevorstehenden Regionalligareform?

In der Dritten Liga kann man die Mannschaft ein Stück weit über Fernsehgelder finanzieren. Gleichzeitig ist die Liga aber von den Randkosten her genauso teuer wie die Zweite Bundesliga. Deshalb muss mittelfristig unser Ziel sein, in die Zweite Liga zu kommen, da man dort durch die höheren Fernsehgelder die Möglichkeit hat, einen nicht unerheblichen Teil des Etats durch diese Gelder zu decken. Der Leistungsabstand ist nicht so groß, aber derfinanzielle Spielraum ist in der Zweiten Liga erheblich größer. Längere Zeit in den unteren Ligen unter Profibedingungen zu spielen, bedeutet einen enormen finanziellen Kraftakt. Müssten wir nach dieser Spielklassenreform noch an der Regionalliga teilnehmen, müsste man unseren Spielbetrieb auf Feierabendfußball mit Halbtagsprofis zurückfahren.

In Bezug auf Änderungen zugunsten der Dritt-und Viertligisten scheinen DFB und DFL zu zögern. Wäre der FCS DFL – Mitglied, würden Sie dann auch noch nach Reformen streben?

Die DFL vertritt die Interessen der Erst- und Zweitligavereine. Deren Bestreben ist es, dass ihre Nachwuchsteams so hoch spielen können, wie möglich. Dadurch, dass die Regionalliga jetzt auf mehr Staffeln aufgefächert wird, verwässert die Leistungsdichte. Für Traditionsvereine ist diese Ligaaufteilung zudem absolut tödlich. Es ist traurig, dass Vereine wie RW Essen oder Waldhof Mannheim in der Versenkung verschwinden. Letztlich aber schießt Tradition keine Tore. Glücklicherweise haben diese Vereine meistens nochmal die wirtschaftliche Kraft, an die höheren Klassen heranzukommen.

Das Saarland gehört, wirtschaftlich gesehen, nicht zu den stärksten Regionen. Trotzdem hat es der Verein wieder nach oben geschafft.

Gerade im Hinblick darauf muss man immer wieder betonen, dass wir das große Glück haben, einen Hauptsponsor zu haben, der uns nicht hat fallen lassen. Er hat mit seinen Aufwendungen erst ermöglicht, wo wir jetzt wieder sind. Den größten Anteil am Aufstieg der letzten Jahre hatte weder ein Ferner oder Luginger, noch ein Präsidium, sondern die „Victor’s“ – Gruppe, ohne deren Unterstützung das nicht möglich gewesen wäre. Nach dem Abstieg in die Oberliga hätte Hartmut Ostermann sagen können, so das war es. Stattdessen hat er den Verein auf großartiger Weise weiterhin finanziell unterstützt. Ich will auf keinen Fall das Engagement der anderen Sponsoren gering schätzen, aber ohne Hartmut Ostermanns Unterstützung hätten wir hier schon ein Kreuz machen können.

Präsident Borgard sagt wie Sie, dass es den Club ohne Herrn Ostermann nicht mehr gäbe. Dann gibt es ehemalige Spieler wie Sambo Choji, der den Mäzen als seinen „deutschen Papa“ bezeichnet. Trotzdem genießt er bisweilen nicht den besten Ruf in der Presse. Welcher Standpunkt wird ihm gerecht?

Welches Verhältnis er in der Vergangenheit zu Spielern gehabt hat, lassen wir mal dahingestellt. Der Werdegang des FCS seit meiner Rückkehr 2008 wäre ohne Hartmut Ostermann nicht möglich gewesen.

Andere Vereine haben vergeblich nach neuen Gönnern gesucht. RW Ahlen und TuS Koblenz sind in der Liga die jüngsten Fälle akuten Geldmangels. Wer hat für die Liga falsch geplant – der DFB oder die Vereine?

Ich kann aus der Ferne nicht sagen, welchen Wahrheitsgehalt die beim DFB eingereichten Unterlagen hatten. Letztlich haben die Vereine über ihre Verhältnisse gelebt.

Wie lange können Sie die Dritte Liga, auch angesichts eines möglichen stufenweisen Rückzuges des Hauptsponsors, noch finanzieren?

Wenn es so kommen sollte, dass sich unser Hauptsponsor komplett zurückziehen würde, weiß ich nicht, inwieweit man diesen Betrag auffangen könnte. Dafür, dass er sich von heute auf morgen zurückziehen wird, gibt es aber keine Anzeichen, dafür war er auch sicherlich zu lange mit dem Verein verbunden. Damit, dass es zu einem Zurückfahren seiner Zuwendungen kommen wird, ist eventuell zu rechnen. Ziel des Vereins muss es sein sich in Sachen

Sponsoring breiter aufzustellen. Das hat natürlich auch vielfach mit einem neuen Stadion zu tun. Das eine hängt mit dem anderen zusammen.

Sie haben mehrfach erklärt, wie sehr die Zukunft des Saar – Fußballs von einem neuen Stadion abhängt. Rennen Ihnen die Sponsoren dann die Türen ein?

Nein, keiner kommt und bietet uns einfach 100.000 Euro an. Der Verein muss sich natürlich um potenzielle Sponsoren bemühen, daran führt kein Weg vorbei. Mit einem neuen Stadion kann man möglichen neuen Sponsoren etwas anbieten. Bei unserem aktuellen Stadion ist die Frage, was man hier anbieten kann und das ist eigentlich nicht viel. Wir könnten vielleicht eine Sänfte bauen, auf der ein Sponsor dann zur Toilette getragen wird, damit er dort trockenen Fußes ankommt. Tatsache ist, dass man einem Sponsor einen Gegenwert für das anbieten muss, was er an Geldern zur Verfügung stellt. Alle Sponsoren, die jetzt noch dabei sind, tun dies größtenteils aus alter Verbundenheit und Liebe zum Verein.

Ohne VIP – Logen geht es also nicht mehr?

Nein absolut nicht. Ein Fußballspiel ist heute ein gesellschaftliches Ereignis. Man trifft sich wie früher im Theater bei einem Glas Champus oder Wein. Diskutiert die neuesten Wirtschafts- und Börsennachrichten. Fädelt Geschäftsabschlüsse ein. Fußball ist heute auch ein Event wo sich die „Reichen und die Schönen“ treffen um das einmal überspitzt auszudrücken. Das mag der eine oder andere bedauern. Die Welt ist aber allgemein im Wandel. Der Fußball hat sich hier nicht abgekoppelt. Aber auch bei den Hardcore-Fans nimmt das Zusammengehörigkeitsgefühl und der Event-Charakter eines Spiels großen Raum ein. Das Spiel mag schneller und besser geworden sein. Aber die Grundregeln des Fußball galten vor fünfzig Jahren, gelten heute und werden in 50 Jahren auch noch gelten. Was sich dramatisch verändert hat ist das Umfeld des Fußballs. Wenn du dann nicht mit einer modernen Infrastruktur mithalten kannst, wirst du immer weiter zurückfallen und den Abstand über Jahrzehnte nicht aufholen können.

Herr Borgard hat erklärt, es sei gut, dass Sie als Verein in der Stadionfrage spät dran seien. So könnten Sie Fehler, die andere Clubs bei Neubauten gemacht haben, vermeiden. Wie viel Zeit bleibt noch, bis der Zug abgefahren ist?

Es ist so, dass die Entscheidungen größtenteils gefallen sind. Das muss, glaube ich, noch einmal durch den Stadtrat zur Zustimmung, danach sollte die Planungsphase beginnen.

Wann wird in der neuen Arena gespielt?

Ich weiß nicht, ob das zutrifft, aber ich hoffe, ab der Saison 2013/2014.

Schaut man in andere Städte, erhält der Fußball dort deutlich stärkere Unterstützung aus Politik und Wirtschaft, als das in Saarbrücken der Fall ist. Wie viel Anteil hat der FCS an der fehlenden Lobby?

Warum die Pläne nie verwirklicht werden konnten, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn man sich aber in der Republik umschaut, entstehen überall neue Stadien, teilweise unabhängig von der Ligazugehörigkeit der Vereine, zum Beispiel in Halle oder Essen. Um die Mannschaften auf Dauer im Profibereich etablieren zu können, zu dem auch die Dritte Liga gehört, ist ein neues Stadion unerlässlich.

Gondwana-Park, Museumspläne und Europagalerie zeigen, dass die Saar-Politik in Sachen Regionalwirtschaft nicht auf Fußball setzt. Die Prioritäten scheinen hier anders zu liegen.

Warum das in der Vergangenheit so war, weiß ich nicht. Wir müssen jetzt die ganze Kraft daran setzen, dass das neue Stadion gebaut werden kann. Was die Finanzierung betrifft, denke ich, dass vor 20 Jahren kein Geld da war, heute kein Geld da ist und morgen auch keins da sein wird. Wenn es danach geht, dürfte in moderne Infrastruktur gar nichts mehr investiert werden. Fußball ist heute modernes Theater. Wie ein Theater zu jeder Metropole gehört, gehört auch ein modernes Stadion dazu. Zudem ist es ja nicht so, dass der FCS das Stadion als sein Eigentum deklarieren würde. Wenn zum Beispiel Elversberg den Schritt nach oben macht, wäre es für sie als Spielstätte auch eine Option. Außerdem ist vorgesehen, dort auch andere Veranstaltungen durchzuführen. Wenn es also gebaut wird, ist es nicht nur für den 1. FC Saarbrücken, wir wären dort nur Mieter.

Die Region hat dem Club eher den Rücken gekehrt. Im Hinblick auf das potenzielle Einzugsgebiet des FCS wirkt der Zuschauerschnitt von knapp 5000 wie ein Treppenwitz. Kennt Liebe doch eine Liga?

In den letzten 10 Jahren sind uns ganze Fangruppen weggebrochen, auch durch den sportlichen Niedergang. Diese Leute jetzt zurückzuholen ist schwierig. Vielfach ist es so, dass der Papa ins Stadion geht und seinen Sohn mitnimmt, der das nahtlos übernimmt. Viele Papas sind aber nachher nicht mehr ins Stadion gegangen. Diese Leute fehlen jetzt.

Welche Rolle spielt für Sie dabei Marketing?

Man kann mir noch so viel von Marketing erzählen, du bringst die Leute vor allem durch sportlichen Erfolg ins Stadion zurück. Es gehört heute zwar dazu, die eigene Marke zu verkaufen, aber wenn wir an letzter Stelle stehen und ich die Marke FC anbiete, kauft die keiner. Trotz überragendem Marketing kauft niemand ein Auto, das alle hundert Meter stehen bleibt. Marketing gehört heute zu einem modernen Verein, aber das beste Marketing ist immer noch der sportliche Erfolg.

Diejenigen, die ohnehin mit einem Auge auf die Entwicklung des FCS schielen, aber nicht ins Stadion kommen, sind mit sportlichem Erfolg zurückzugewinnen. Woher kommt die Enttäuschung bei jenen, die mit dem FCS nichts mehr zu tun haben wollen, und was sagen Sie denen?

Der Verein hat sich in den letzten Jahren so aufgestellt, dass er sich sehen lassen kann und frei von Negativschlagzeilen ist. Ich glaube, wenn wir es schaffen, dies über einem längeren Zeitraum beizubehalten, werden wir das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. Dann werden wir wieder als ein Produkt wahrgenommen, das man sich wieder anschauen kann. Das hilft nicht nur, die Leute wieder zurückzubringen, sondern auch bei der Sponsorensuche. Mit dem FCS war es immer so, dass ihn 50 Prozent im Saarland geliebt und 50 Prozent gehasst haben. Selbst Leute, die den Verein geliebt haben, haben ihn schon mal gehasst. Es wird, glaube ich, immer so sein, dass sich an diesem Verein die Geister scheiden. Wir müssen sehen, dass wir die 50 Prozent, die den Verein lieben, wieder zurückgewinnen. Die anderen 50 Prozent müssen wir davon überzeugen, dass sie den Namen FCS auch außerhalb des Saarlandes in den Mund nehmen können, ohne das damit gleich Negatives assoziiert wird.

Gegenüber dem FC Bayern hat der FCS seit der Klage von 2008 nicht mehr das beste Image. Uli Hoeneß will vor dem nächsten Jahrtausend kein Freundschaftsspiel mehr in Saarbrücken machen.

Na ja, vielleicht muss er irgendwann zu einem Pflichtspiel hier antreten. Die Angelegenheit die Sie ansprechen war vor meiner Zeit. Der Sachverhalt war glaube ich so, dass der FC Bayern in seiner zweiten Mannschaft einen Spieler eingesetzt hatte, dessen Spielberechtigung nicht korrekt war. Der FCS versuchte, den wirtschaftlichen Schaden, der durch den damit einhergehenden Abstieg entstanden war, geltend zu machen. Ob das so glücklich war, weiß ich nicht. Aber ich glaube, wenn man weiß, wie Uli Hoeneß tickt, wäre es vielleicht intelligenter gewesen, zwei, drei Monate ins Land ziehen zu lassen und dann das Gespräch zu suchen. Mit dem Hinweis auf den uns entstandenen Schaden wäre er vielleicht zu einem Freundschaftsspiel bereit gewesen. Die ist natürlich hypothetisch, aber die Chance hier erfolgreich zu sein wäre evtl. etwas größer gewesen, als vor Gericht zu siegen.

Der Konflikt um Manuel Neuer und die Anhänger des FC Bayern hat erahnen lassen, wie sehr sich die Vorstellungen von der Gestaltung des Fußballs bei Vereinsvorständen und Ultras unterscheiden. Ultras sind eher idealistisch, die Vereinsvorstände müssen wirtschaftlich denken.

Fußball wird immer etwas mit Emotionen zu tun haben. Wenn ich emotionslos Fußball spiele, kann ich keine gute Leistung abrufen. Genauso geht es im Umfeld des Fußballs zu. Die Verantwortlichen müssen aber daneben noch viele andere Dinge ins Kalkül ziehen und sich vor allem von rein sportlichen und wirtschaftlichen Dingen leiten lassen. Dass da schon mal Konflikte entstehen, ist klar, aber die sollten dann in Gesprächen zwischen Verantwortlichen und Fans ausgeräumt werden.

Wie würden Sie eine solche Situation handhaben?

Als Trainer oder Sportlicher Leiter kann ich mir erstens nicht vorschreiben lassen, wen ich aufstelle und zweitens, wen ich für gut genug halte, um ihn zu verpflichten. Was aber erforderlich ist, ist das Gespräch mit den Fans oder Fangruppen zu suchen, um gewissen Abläufe zu erklären und verständlich zu machen.

Wie beurteilen Sie den Zustand um die beiden Heimfanblöcke im Ludwigspark?

Ich weiß, dass das ganze ein sehr sensibles Thema ist. Grundsätzlich denke ich, dass wir ein Verein sind, daher sollte es auch einen Fanblock geben.

Geldgeber sehen sich im allgemeinen nicht gerne mit Schlagzeilen über Ausschreitungen in Verbindung. Wie beurteilen Sie die Entwicklung beim FCS?

Sie hat sich zum Positiven gewendet. Sicher gibt es immer das eine oder andere, wo man sagen muss, dass das nicht nötig war. Das trifft aber sicher nicht nur auf den 1. FC Saarbrücken zu. Überall gibt es ein paar Idioten, nach denen man aber nicht unsere gesamte Fangemeinschaft beurteilen sollte. Der größte Teil, auch unserer Hardcore-Fans, benimmt sich anständig. Besonders, als wir in der Oberliga auf Dorfsportplätzen gespielt haben, hatten die Gastgeber oft große Sorgen, dass bei ihnen alles plattgemacht würde. Alles ist aber immer wunderbar und ohne größere Störungen abgelaufen. Für unsere Gastgeber war es ein großes Fest. Hier muss man den Fans ein großes Kompliment dafür machen, dass sich in den letzten Jahren viel verbessert hat.

Eines Ihrer Aushängeschilder ist auch die Jugendabteilung. Mit 24 Spielern wurde in den letzten drei Jahren ein beträchtlicher Teil des Nachwuchses an Bundesligisten abgegeben. Leisten Sie da Dienst am deutschen Fußball oder Sisyphus-Arbeit für den FCS?

Wer unseren Etat für die Jugendabteilung kennt, der weiß, dass wir für einen Drittligisten nicht wenig Geld dafür zur Verfügung stellen. Die Spieler können sich aber dem Sog der Erstligisten kaum entziehen. Was Schule und Wohnen betrifft, können sie den Spielern Strukturen bieten, die dafür sorgen, dass diese sich dort zuhause fühlen. Wenn man sich aber deren Werdegang anschaut, sind knapp 50 Prozent Stammspieler. Die anderen sind mehr oder weniger Ergänzungsspieler. Ob das sinnvoll ist, sei dahin gestellt, denn für einen jungen Spieler ist es das wichtigste zu spielen.

Die U19 hat die Rückkehr in die Juniorenbundesliga geschafft. Wie optimistisch sind Sie in Sachen Klassenerhalt?

Es wird ganz schwer, sich dort zu halten, insbesondere, weil wir nicht die Möglichkeit haben, Spieler von außen zu uns zu holen die uns verstärken. Eine wichtige Rolle spielt für die Spieler auch die Perspektive nach der Jugendzeit. Hier wäre es schon überragend sagen zu können: Bei uns kannst Du den Sprung in eine Zweitligamannschaft schaffen.

Wie sehen Ihre Planungen in Sachen Nachwuchsleistungszentrum aus?

Als Drittligist sind wir nicht verpflichtet, ein solches Zentrum zu unterhalten. Letztlich ist das auch eine finanzielle Frage. Unsere Berechnungen haben ergeben, dass zu den jetzigen Aufwendungen für die Jugendabteilung zusätzlich 200.000 bis 250.000 Euro hinzukämen. Für einen Drittligisten ist das eine beträchtliche Summe. Deshalb arbeitet der Verein daran, diesen Betrag durch Sponsoren aufzubringen. Ob das in der kommenden Saison schon so sein wird, wissen wir noch nicht. Am besten wäre es, dass wir dazu gezwungen würden, ein solches Nachwuchsleistungszentrum zu unterhalten, dann wären wir nämlich in der Zweiten Liga.

Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen Verein, Spielern und Beratern?

Jeder Jugendspieler, der einigermaßen geradeaus schießen kann, hat heute schon einen Berater. Verbesserungswürdig ist hier, dass man mit dem Berater mehr das Gespräch suchen sollte. Man muss die Berater nicht lieben, man muss sie aber auch nicht hassen, an Ihnen geht heute kein Weg vorbei und man sollte versuchen, mit ihnen ein normales geschäftliches Verhältnis zu pflegen. Es geht darum, auszuloten, was das Beste für den Jugendlichen ist.

Sehen Sie noch andere Dinge kritisch?

Die Frage ist, ob es sinnvoll ist, ob ein Spieler schon den Verein wechselt, aus seinem normalen Umfeld herausgerissen wird. Bei uns ist dieser Junge während seiner Jugendspielzeit eine feste Größe. In seinem neuen Verein ist er möglicherweise nur Ergänzungsspieler. Es gibt z.Zt. nur ein Beispiel der als Jugendspieler den Verein gewechselt hat und sich ganz oben durchgesetzt hat, das ist Patrick Hermann. Viele Spieler sind mit achtzehn noch nicht voll entwickelt, sondern fangen dann erst an, ihr Leistungspotenzial zu entwickeln. Wenn ein Spieler bei uns regelmäßig spielt, ist das für seine Entwicklung sicherlich förderlicher, als anderswo auf der Bank zu sitzen.

Würden Sie sich an dieser Stelle Vorgaben des DFB wünschen?

Es wäre für die Vereine der Dritten Liga und vierten Liga sehr wichtig, dass für diese Spieler auch eine Transferentschädigung gezahlt wird und Dritt- sowie Vierligisten, die keine Nachwuchsleistungszentren unterhalten, einräumt, Spieler vertraglich zu binden. Diese beiden Möglichkeiten sollte der DFB auch im Sinne der Spieler treffen. Der DFB muss Regeln schaffen, die die Vereine schützen, sodass sie wenigstens durch die Transfereinnahmen die Möglichkeit haben, ihre Ausbildungskosten zu refinanzieren.

Warum hat der DFB in dieser Richtung bisher nichts unternommen?

Das liegt auch daran, dass die DFL ein Schwergewicht ist, das in dieser Sache ein Wort mitspricht. Sie sägt nicht den Ast ab, auf dem sie sitzt. Wenn ein absoluter Ausnahmespieler zu einem Bundesligisten wechselt, ist das völlig verständlich. Viele Spieler werden aber geholt um den Kader Leistungsmäßig zu verbreitern. Mit einer Transferentschädigung von 20.000 oder 25.000 Euro würden die Vereine eher überlegen, ob sie das Geld für einen Ergänzungsspieler ausgeben. Die Infrastruktur ist bei den Vereinen sowieso da, sodass die Bundesligisten kaum höhere Kosten haben und schauen können, was sich bei den neuen Spielern dann ergibt. Die durchschnittlichen Spieler werden geholt, um die Jugendmannschaften in ihrer Breite besser aufzustellen.

Indem DFB und DFL hier nichts ändern, erweisen sie der Jugendarbeit in Deutschland also einen Bärendienst?

Das kann man so sagen. Wenn der DFB die Amateurvereine unterstützen würde und wir den Spieler halten könnte der z.B. bei Bayern oder Hoffenheim 12. oder 13. Mann wäre, hätten wir dauerhaft unsere A- und B- Jugend in der Bundesliga. Dadurch würden Spieler herauskommen, die schon in der Jugend so gefordert werden, dass sie leichter den Sprung in die erste Mannschaft schaffen.

Sie sagen selber, dass der FCS „Ihr“ Verein ist – klingt leidenschaftlich. Wie viel Platz hat so etwas im kalkulierten Fußballbusiness?

Ob ich Spieler oder Trainer bin, ich kann mich nicht nur von Emotionen leiten lassen, weil man dann den Überblick für Dinge verliert, die im Spiel vorgehen. Eine gewisse Emotionalität muss aber dabei sein. Wenn ich als Spieler emotionslos spiele, kann ich nicht gut spielen. Wenn ich als Trainer nur bei einem Verein bin, damit ich einen Job habe, kann ich kein guter Trainer sein, das merkt der Spieler auch. Als jemand, der in der Verantwortung steht, kann ich aber nicht jeden Tag mit Adrenalinschüben durch die Büroräume laufen, weil letztlich klare Entscheidungen gefragt sind.

Clubs wie Hoffenheim, RB Leipzig oder die Werksvereine genießen bei manchen „Traditionsfans“ ein Ansehen, das ausschließlich auf die Finanzen reduziert ist. Wie haben Sie das in Leverkusen erlebt?

Beim Werksverein Leverkusen habe ich selbst fünf Jahre gespielt. Bei den Leuten, die um den Verein herum sind, spielen Herz und Leidenschaft genauso eine Rolle, wie bei jedem anderen auch. Die Ziele, die sich diese Vereine setzen, zum Beispiel, dass Wolfsburg in der Championliga spielen muss, hat mit der Strategie des Unternehmens zu tun, das hinter dem Verein steht. Die Mannschaft kann hier als Werbevehikel eingesetzt werden. Als ich bei Bayer Leverkusen gespielt habe, war der Fußball dort aber noch nicht im Vordergrund, sondern olympische Sportarten im allgemeinen, wie Boxen oder Hockey. Der Fußball war zu dieser Zeit noch nicht so gesellschaftsfähig wie heute. Das hat sich in den siebziger Jahren gewandelt. Von da an wurde mehr auf den Fußball gesetzt, weil man sein Potential als Werbeträger erkannt hat.

Mit den Saarbrückern sind Sie, mit einigen Unterbrechungen, schon länger verbunden. Angesichts Ihrer Erfolgsbilanz als Cheftrainer und sportlicher Leiter mit zwei Aufstiegen und der Platzierung vergangene Saison ist es verwunderlich, dass niemand früher auf die Idee kam, Ihnen langfristig Verantwortung zu übertragen.

Ich war seit 1996 in verschiedenen Positionen im Verein tätig. Zu dieser Zeit hat mir das, aus welchen Gründen auch immer, wahrscheinlich niemand zugetraut. Ich bin nie gefragt worden, ich habe aber auch nie gefragt. Im Jahr 2005 bin ich, anders, als hier und da kolportiert, aus freien Stücken gegangen, weil ich einige Dinge für meinen Bereich nicht mehr mittragen konnte. 2008 kam dann das Angebot vom FCS, Cheftrainer zu werden. Warum ich vorher nicht gefragt worden bin, müssen Sie die fragen, die damals verantwortlich waren.

Was machen Sie anders, als Ihre Vorgänger?

Ob als Trainer oder sportlicher Leiter, ist das Arbeiten am rein Sportlichen orientiert. Wir sind im Austausch mit dem Präsidium, aber den sportlich Verantwortlichen wird nicht reingeredet. Als ich Trainer war, hat mich keiner gefragt, wer am Samstag spielt. Genauso ist es bei Jürgen Luginger. Wir tauschen uns aus, aber die Aufstellung erfahre ich oft erst, wenn ich den Spielbericht habe. Ich habe noch nie von meiner Seite aus gefragt, warum dieser oder jener Spieler nicht auf dem Platz steht. Denn der Trainer sieht die Mannschaft die ganze Woche, die Zuschauer sehen sie nur diese 90 Minuten. Zwar haben diese 90 Minuten bei der Beurteilung eines Spielers mit die meiste Aussagekraft, aber der Trainer sieht seinen Kader jeden Tag. Ich habe noch keinen Trainer gesehen, der nur die zweitbeste Mannschaft aufstellt. Er versucht, die Mannschaft aufzustellen, die das Spiel gewinnen kann.

Wenn Sie auf den Gang in die Oberliga zurückblicken: welche Lehren hat der Club daraus gezogen?

Ich glaube, vor allen Dingen sind in der Vergangenheit Ziele postuliert worden, die im Endeffekt nicht erreicht wurden. Dadurch entstand ein großer Bruch zwischen Verantwortlichen und Fans. Als wir dann in der Oberliga angetreten sind, habe ich als Saisonziel nicht vom sicheren Aufstieg gesprochen. Zwar waren wir einer der Favoriten. Ich bin aber zu lange im Fußball, als dass ich sage, dass immer der Verein mit den besten Bedingungen und der besten Mannschaft aufsteigt. Vom Kader her hatten wir in der Oberliga natürlich eine herausragende Mannschaft und sensationelle Trainingsbedingungen. Von daher war es eigentlich Pflicht, aufzusteigen. Es wäre aber vermessen gewesen, uns schon im Vorfeld als sicheren Meister zu deklarieren.

Sie schauen also von Spiel zu Spiel.

Fußball ist ein Tagesgeschäft. Einen Plan über drei Wochen zu machen, ist schon ein Abenteuer. Auch in der Regionalliga haben wir gesagt, dass wir den Klassenerhalt wollen, wobei wir intern Platz sechs bis zehn für möglich hielten. Als Aufsteiger muss jedoch zunächst der Klassenerhalt das Ziel sein. In der letzten Saison ging es dann nur um den Klassenerhalt. Dass diese Serie kam, konnte im Vorfeld niemand wissen. Es gibt einfach Dinge im Fußball, die man trotz aller Wissenschaft, die dort mit hineinspielt, nicht erklären kann.

Bringen Sie jetzt die sportliche Kompetenz ein, die in Saarbrücken gefehlt hat?

Was vorher gefehlt hat, will ich nicht beurteilen. In der sportlichen Führung haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit mit Jürgen Luginger, mir und dem für das sportliche zuständige Präsidiumsmitglied Harald Ebertz . Es ist aber klar, dass die letzte Entscheidung, was Mannschaftsführung und Aufstellung betrifft, beim Trainer liegt. Daran wird auch nicht gerüttelt, wenn dreimal verloren wird. Als wir in der letzten Saison eine schwere Zeit hatten, ist keiner hingegangen und hat gesagt, stell mal den oder den auf.

 

Viele Anhänger sehen in Ihnen eine lange vermisste Vertrauensperson, auf deren Wort man sich verlassen kann. Entspricht das Ihrer Persönlichkeit?

Mir war es immer wichtig, dass man sich auf mein Wort verlassen kann, ob als Trainer oder in anderer Funktion, jetzt hier oder irgendwo anders. Mir war auch immer wichtig, dass ich, wenn ich irgendwo gearbeitet habe, wieder dorthin zurückkommen konnte.

Als Trainer der Profis hatten Sie die Marotte, die gesamte Saison dieselbe Jeans zu tragen, ohne Sie zu wechseln.

Ja, so eine Jeans hält etwa zwei Jahre.

Stimmt es, dass Sie deswegen Ärger mit Ihrer Frau hatten? Es heißt, Sie hätten zeitweise bei Co-Trainer Fellhauer gewohnt, weil Ihre Frau Sie rausgeworfen hätte?

Das ist ein Gerücht (lacht).

Sie kommen eigentlich aus dem Ruhrgebiet, wieso hat es Ihnen gerade der FCS angetan?

Ich war hier in meiner Spielerlaufbahn mit am längsten. In den achtziger Jahren bin ich dann nach Bocholt gewechselt, weil es hier größere wirtschaftliche Schwierigkeiten gab. Im Zuge dessen mussten einige Spieler abgegeben werden, zu denen auch ich gehörte. Dann war ich zehn Jahre weg in den USA, hatte aber nach Saarbrücken noch die meisten Verbindungen gehabt. Als Spieler hatte ich auch hier gebaut. Als ich dann wieder aus den USA zurückkam, war es das naheliegendste, wieder hierhin zu kommen.

Was unterscheidet den US-amerikanischen Fußball vom hiesigen?

Es ist jetzt dreißig Jahre her, dass ich dort in der „Northamerican Soccerleague“ gespielt habe. Die Macher der Liga haben versucht, sie zu pushen, indem sie Stars wie Beckenbauer, Pélé, George Best und Johann Cruyff herübergeholt haben. Da hat alles gespielt, was in Europa und anderswo Rang und Namen hatte. Diese Spieler haben dort natürlich auch sehr gut verdient, Cosmos New York hatte zwar einen Zuschauerschnitt von 60.000, sie hätten aber 200.000 gebraucht, um die Mannschaft bezahlen zu können. Im allgemeinen sind die Vereine dort auch anders strukturiert als hier. Sie gehören praktisch der Liga. Einer gründet diese Liga, unter deren Dach die Vereine spielen. Sie werden dann praktisch im „Franchise“ – Prinzip, ähnlich wie „McDonald’s“ oder „Burger King“ – Filialen an Besitzer weitergegeben, die sich dort einkaufen können. So funktioniert es in den USA in jeder Sportart. Das schöne damals war dass der normale Amerikaner kaum Ahnung vom Fußball hatte. Du konntest spielen wie eine Karre Mist und er sagte immer noch:„Nice game, nice game!“ (lacht) Das mag sich seitdem auch mit den Jahren gewandelt haben.

Wie haben Sie sich sportlich geschlagen?

1981 sind wir mit den Chicago Stings gegen Cosmos New York amerikanischer Meister geworden. Bei denen saßen Spieler auf der Bank, die weit über 100 Länderspiele hatten, geschweige denn, was da auf dem Platz gestanden hat. Diese Leute hätte ich in Deutschland nie kennengelernt. Durch die riesigen Distancen ist man natürlich auch zu jedem Spiel geflogen und erst nächsten Tag zurückgekehrt. Nach den Spielen gab es die sogenannten „After – Game Partys“, wo du auch solche bekannten Spieler auf einen Whiskey oder Bier getroffen hast. Ich hatte dort eine ganz tolle Zeit, die ich nicht missen möchte.

FOTOS: Sven Rech

   
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