Gjasula: "Treter-Image? Krieger-Vergleich schmeichelt einem eher"
Als Leader und Lautsprecher der Kabine gefeiert, in Zweikämpfen von Gegenspielern gefürchtet: Klaus Gjasula von Rot-Weiss Essen spricht im Interview mit liga3-online.de über unterschätzte Arbeitssiege, seine Herangehensweise bei 50:50-Zweikämpfen und die Situation, im Stadion sein Sitzplatznachbar zu sein.
"Fest vorgenommen, an der Hafenstraße eine Macht zu sein"
liga3-online.de: Rot-Weiss Essen ist als "Serientäter" in der 3. Liga unterwegs: Zwölf Punkte aus den letzten vier Heimspielen sowie – zusammen mit Verl – die längste Strecke an Partien ohne Niederlage. Welche Serie hat für Sie mehr Aussagekraft?
Klaus Gjasula: Jede für sich gibt uns Energie, aber ehrlich gesagt: Vier Heimsiege fühlen sich bei RWE schon eine Nummer spezieller an. Dazu wurde uns noch in den ersten Wochen der Saison attestiert, dass wir eher auswärts abliefern würden. Dahingehend haben wir uns fest vorgenommen, an der Hafenstraße eine Macht zu sein und jetzt zu bleiben.
Obwohl manchmal impulsgetrieben, bewies das Publikum an der Hafenstraße beim eher mühsam erarbeiteten 2:1-Erfolg über Schlusslicht Schweinfurt ein gewisses Fingerspitzengefühl!
Das haben wir als Team genauso wahrgenommen. Es kam nie das Gefühl auf, dass es von der einen auf die andere Minute unruhig werden könnte, wenn wir noch etwas länger für den Siegtreffer (70. Minute, Anm. d. Red.) gebraucht hätten. Vielleicht haben die letzten Wochen für einen gewissen Kredit gesorgt, und unsere Fans honorieren, wie wir uns gegen Widerstände wehren, von denen es über die letzten Wochen ja einige gegeben hat.
Als die Serien im Oktober ihren Anfang nahmen, mussten Sie auf Grund aufgrund einer Rotsperre (drei Spiele) zuschauen. Wie müssen wir uns Klaus Gjasula als Sitzplatznachbarn im Stadion vorstellen?
Als jemanden, der über 90 Minuten emotional mitgeht: brüllen, zittern, quasi alles was dazugehört. Vielleicht würden es andere Leute sogar als Erlebnis bezeichnen, neben mir zu sitzen. Nur ist diese Hilflosigkeit, nicht auf dem Platz eingreifen zu können, für mich schwerer zu ertragen als es aussieht.
RWE-Coach Uwe Koschinat wertete das Schweinfurt-Spiel als Sieg, der "viel für das Gruppengefühl gibt". Was hat er damit konkret gemeint?
Dass solche Arbeitssiege vielleicht in der Wertigkeit etwas unterschätzt sind. Sie bringen genauso drei Punkte, schweißen vor allem aber mehr zusammen und stärken den Glauben daran, auch Spiele, in denen du – warum auch immer – nicht 100% auf den Platz bekommst, gewinnen zu können. Wenn der Tabellenletzte kommt, wollen viele sehen, dass du den Gegner aus dem Stadion fegst. Nur ist die 3. Liga vom Leistungslevel bekanntlich anders gepolt.
"Spiele nicht das Unschuldslamm bei den Schiedsrichtern"
Die Erfolgsserie des kommenden Gegners Ingolstadt endete wiederum am vorherigen Spieltag (1:3 bei Viktoria Köln). Dennoch ein potenzieller Stolperstein für RWE?
Stolperstein ist ein Begriff (überlegt), den ich schwierig finde und selten nutze. Wir kennen Ingolstadt als Team, das im Vorjahr in diesem typischen, breiten Feld von Aufstiegskandidaten mitgeschwommen ist und mit vorhandenen Potenzial und vielen Spieltagen, immer noch dort etablieren kann. Auch in diesem Jahr gilt: Mit kleinen Serien kannst du in der 3. Liga teilweise extreme Sprünge machen – in beide Richtungen!
Speziell auf der Doppelsechs musste viel experimentiert werden, jetzt scheint das Duo aus Torben Müsel und Ihnen ein Stabilitätsanker zu sein. Wie sehen Sie die Entwicklung Ihres Mittelfeld-Partners?
Ob es einer der Hauptgründe für unseren Lauf ist, sollen andere beurteilen. Generell hat die Doppelsechs seit Saisonbeginn schon in unterschiedlichen Konstellationen, darunter auch während der Zeit meiner Sperre mit Torben Müsel und Tom Moustier, solide bis gut funktioniert. Torben schätze ich für seine Fähigkeiten mit dem Ball, sodass wir uns ganz gut ergänzen.
Derweil gehen Sie weite Wege und auch mal dorthin, wo es wehtut. Ihr Image bei Fans und Gegenspielern wandelt seit jeher zwischen "harter Hund" und "Treter". Zögern Sie vor diesem Hintergrund mal bei 50:50-Zweikämpfen, die sich vielleicht nicht ohne Foul lösen lassen?
Auf keinen Fall. Dieses Image machte letztlich mit dem Bundesliga-Rekord für die meisten Gelben Karten (16, Anm. d. Red) die Runde. Ich kann das ausblenden und spiele – wenn es der Gegenspieler bei einem Zweikampf mal richtig spürt – auch nicht das Unschuldslamm bei den Schiedsrichtern.
Für Spielertypen wie Sie ist es sicherlich ein schmaler Grad Grat. Ein Arturo Vidal wurde zu Zeiten bei Bayer 04 Leverkusen und Bayern München als "Krieger" geadelt!
So ein Vergleich schmeichelt einem schon eher. Grundsätzlich habe ich festgestellt, dass ich von späteren Mitspielern und sogar Trainern in meiner Karriere in eine Schublade gesteckt wurde und sie dann überrascht waren: 'Hey, der kann ja auch kicken und das Spiel von hinten heraus organisieren'.
Quasi untrennbar ist Ihr Name auch noch mit einem Schauspieler verbunden. Ihre Oma benannte Sie und Ihren Bruder nach Klaus-Jürgen Wussow ("Die Schwarzwaldklinik"). Haben Sie die Serie einmal komplett geschaut?
Nur einzelne Ausschnitte. Dazu war ich für einen Medientermin auch mal am Drehort in Glottertal. Mein Seriengeschmack auf Netflix geht da schon in eine andere Richtung. Aber zum Glück spielte das bei der Namenswahl meiner eigenen Kinder dann keine Rolle (lächelt).