Frymuth "Wäre falsch, Geisterspiele auszuschließen"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Peter Frymuth, der als Vizepräsident des DFB für die 3. Liga zuständig ist, über verschiedene Szenarien, eine mögliche Verlängerung der Saison über den 30. Juni hinaus, DFB-Hilfen und Chancen der Krise.

"Müssen jedes Szenario prüfen"

Mehrere Virologen gehen davon aus, dass in den kommenden Wochen oder gar Monaten nicht wieder gespielt werden kann – schon gar nicht mit Zuschauern. Ist die Existenz der 3. Liga gefährdet, Herr Frymuth?

Wir sind alle gut beraten, uns im Fußball nicht in Spekulationen zu ergehen. Alle Klubs haben im Rahmen der Sitzung in der vergangenen Woche den Wunsch geäußert, dass die Saison zu Ende gespielt werden soll. Wir stehen mit den Vereinen in einem engen Austausch und wollen in der ersten April-Hälfte über das weitere Vorgehen sprechen. Uns allen ist der Ernst der Lage bewusst. Wir sind mit einer Situation und damit verbundenen Herausforderungen konfrontiert, die weder unsere Gesellschaft noch der Fußball vorher kannten.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert bezeichnete Geisterspiele zuletzt als "einzige Überlebenschance" für die beiden Bundesligen. Gilt das auch für die 3. Liga?

Für die Drittligisten sind die Zuschauereinnahmen ein enorm wichtiger Faktor. Dass sich einzelne Vereine gegen Geisterspiele aussprechen, ist daher für mich nachvollziehbar. Es wäre jedoch falsch, zum aktuellen Zeitpunkt Geisterspiele für die 3. Liga auszuschließen. Es müssen alle Aspekte, alle Pros und Contras, alle möglichen Folgen abgewogen werden. Auf dieser Basis gilt es im Gespräch mit den Vereinen, eine vernünftige und tragfähige Lösung zu finden – immer auf Basis der vorliegenden behördlichen Verfügungslage. Dazu besteht im Ausschuss 3. Liga sowie in unserem Austausch mit den Klubs auch ein Konsens.

Viele Vereine sprechen sich gegen Geisterspiele aus. Dann wäre ein Abbruch der Saison die einzige Option.

Spekulationen helfen keinem weiter. Wichtig sind Sorgfalt, Vernunft und bestmögliche Vorbereitung. Bevor nicht klar ist, wie es weitergehen kann, müssen wir deshalb jedes Szenario eingehend prüfen.

Ein Abbruch würde die Vereine vor allem wirtschaftlich hart treffen.

Das ist richtig. Derzeit wird geprüft, welche Auswirkungen die verschiedenen Szenarien haben würden. Das Vorgehen ist klar strukturiert. Zunächst wird der Ausschuss 3. Liga darüber beraten, danach folgt der Austausch mit den Vereinen.

Inwiefern ist eine Verlängerung der Saison über den 30. Juni hinaus eine Option?

Mit der 3. Liga können wir uns nicht aus der Gesamtwelt des Fußballs ausklammern. Ebenso wie die DFL müssen wir zunächst auf entsprechende Hinweise und Entscheidungen der internationalen Dachverbände warten, ob das Spieljahr über den 30. Juni hinaus verlängert wird. Wir hoffen, dass dies bald geschieht. Ist diese Grundlage gegeben, wäre es auch für die 3. Liga eine Option.

Thema Finanzen: Zuschüsse und Darlehen vom DFB an die Vereine sind aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Dafür steht eine Anpassung des Zulassungsverfahrens im Raum. Wie könnte das aussehen?

Dieses Thema wird derzeit intensiv bearbeitet, erste Ideen sollen bis Anfang April im Ausschuss 3. Liga vorgestellt werden. Auch mit der DFL stehen wir diesbezüglich in engem Austausch. Anpassungen im Zulassungsverfahren könnten die Möglichkeit bieten, die Klubs zielgerichtet und sinnvoll zu entlasten.

 

"Vorsicht wird hoffentlich etwas größer werden"

In diesen Tagen werden wieder Stimmen lauter, wonach die 3. Liga unter das Dach der DFL gehöre. Hauptkritikpunkt ist die enorme Diskrepanz bei den TV-Geldern.

Dass einige Vereine diese Sichtweise aufgrund der TV-Gelder haben, kann ich durchaus verstehen. Aber in der aktuellen Krise beschäftigen die 3. Liga ganz andere Fragen. Im Vordergrund steht die Lösung der aktuellen Krisensituation.

Viele Fans kritisieren, dass die Anforderungen für die 3. Liga zu hoch seien. Der SV Rödinghausen verzichtete daher zuletzt darauf, eine Lizenz zu beantragen.

Die Zulassungsbedingungen sind unter normalen Voraussetzungen wichtig für die 3. Liga. Sie helfen, professionelle Strukturen in den Vereinen und die gesamte Liga weiterzuentwickeln. Das Zulassungsverfahren hat daher wichtigen Anteil daran, dass Attraktivität, mediales Interesse, Zuschauerzahlen und auch die zentralen Vermarktungserlöse in der 3. Liga in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen sind. Im Gegensatz zur Regionalliga ist die 3. Liga eine reine Profiliga, entsprechend ist ihre Struktur ausgelegt. Profifußball anzubieten, hat mehr als nur sportliche Facetten und ist eine bewusste Entscheidung. Hinsichtlich Organisation, Vermarktung und Sicherheitsaspekten ist die 3. Liga daher folgerichtig mit festen Anforderungen verbunden. Die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen dem DFB und dem SV Rödinghausen waren sehr konstruktiv und vertrauensvoll. Der Entschluss des Klubs ist zu respektieren. Es hat sich herausgestellt, dass es unter den derzeit gegebenen Möglichkeiten letztlich zu große Bedenken gab, dort einen geregelten und angemessenen Profispielbetrieb für die 3. Liga zu gewährleisten. Es war keinesfalls so, dass – wie zum Teil medial dargestellt – die Stadionkapazität von mindestens 10.001 Zuschauern das allein Ausschlag gebende Kriterium war.

Welche Chancen kann die aktuelle Krise bieten?

Mit Sicherheit bietet die Krise die Möglichkeit, den Blick für andere Dingen zu schärfen. Nach meinem Eindruck sind die Vereine näher zusammengerückt und haben den Austausch miteinander intensiviert – trotz der unterschiedlichen Ausgangslagen. Das Maß an Verständnis füreinander steigt – auch zwischen Klubs und DFB. Das macht Mut für die Zukunft.

Kann man darauf hoffen, dass die Vereine nach der Krise insgesamt mit mehr Augenmaß wirtschaften?

Die Vorsicht wird hoffentlich etwas größer werden. Die Krise führt uns auch vor Augen, wie wichtig Vernunft und Weitsicht sind – egal in welchem Lebensbereich. Die Vereine stellen sich der Krise aus meiner Sicht sehr entschlossen und tatkräftig. Ich bin beeindruckt, wie alle daran arbeiten, die Lage in den Griff zu bekommen.

   
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