Schiedsrichter-Analyse zum 35. Spieltag mit Babak Rafati

25 Jahre war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Nun hat Rafati eine neue Aufgabe: Für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab und erklärt bei falschen Entscheidungen zudem, wie die Unparteiischen auf dem Platz hätten reagieren müssen. Am 35. Spieltag hat er sich sieben Szenen einmal genauer angeschaut.

Szene 1: Rafael Kazior (Holstein Kiel) spielt den Ball im Strafraum mit der Hand, Schiedsrichter Sascha Stegemann entscheidet auf Elfmeter für Bielefeld. Zudem sieht Kazior die gelbe Karte (9.). [TV-Bilder – ab Minute 1:15]

Babak Rafati: Bei diesem Handspiel liegt keine Verhinderung einer Torerzielung vor, da der Torwart und ein weiterer Verteidiger hinter dem fehlbaren Spieler stehen und den Ball auch bekommen hätten. Somit ist der Strafstoß und das Zeigen der gelben Karte wegen Unsportlichkeit eine richtige Entscheidung.

Szene 2:  David Ulm (Arminia Bielefeld) fährt gegen Hauke Wahl (Holstein Kiel) den Ellenbogen aus und trifft ihn im Gesicht. Der Kieler Abwehrspieler muss mit einer stark blutenden Nase behandelt werden. [TV-Bilder – ab Minute 2:00]

Babak Rafati: Der Bielefelder Spieler schaut beim Rückwärtslaufen kurz nach hinten und sieht seinen Gegenspieler kommen. Als er zum Kopfball hoch springt, trifft er diesem unglücklich i, Gesicht. Dabei sieht man aber nicht einen gezielten Schlag mit dem Ellenbogen, der mit Rot hätte bestraft werden müssen, sondern vielmehr einen Armeinsatz mit einem anschließend unglücklichen Treffer ins Gesicht des Gegenspielers. Der Schiedsrichter pfeift in dieser Situation gar nicht. Hier wäre es richtig gewesen auf Foul zu entscheiden und eine gelbe Karte wegen dieser Spielweise auszusprechen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

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Szene 3: Manuel Wiemann (Wehen Wiesbaden) bringt Tim Danneberg (Chemnitzer FC) im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter René Rhode lässt weiterspielen. [TV-Bilder – ab Minute 2:45]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter hat eine sehr gute Sicht zum Geschehen und hätte den Zweikampf somit richtig bewerten können. Bei dem Zweikampf trifft der Verteidiger bei der Abwehraktion seinen Gegenspieler unten am linken Fuß und bringt ihn dadurch zu Fall. Hier wäre Strafstoß die richtige Entscheidung gewesen. Vermutlich hat dem Schiedsrichter der Kontakt für einen Strafstoß nicht ausgereicht. Es liegt aber eine Fehlentscheidung vor.

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Szene 4: Thomas Kurz (Jahn Regensburg) bringt Sören Bertram (Hallescher FC) zu Fall, Schiedsrichter Thorben Siewer gibt Elfmeter für Halle (28.). [TV-Bilder – ab Minute 3:15]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter läuft mit und ist in unmittelbarer Nähe somit optimal positioniert. Der Verteidiger kommt selbst aus dem Gleichgewicht, trifft dadurch im Strafraum seinen Gegenspieler in die Haken und bringt ihn zu Fall. Der Schiedsrichter entscheidet auf Strafstoß und liegt damit richtig. Sehr gut ist hier auch, wie der Schiedsrichter die Entscheidung verkauft, indem er den Kontakt mit den Händen für alle sichtbar anzeigt. Kompliment!

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Szene 5: Luka Odak (Rot-Weiß Erfurt) sieht nach einem Foul im Mittelfeld von Schiedsrichter Sören Storks die gelb-rote Karte (49.). [TV-Bilder – ab Minute 5:10]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf läuft der Spieler von Erfurt auf seinen Gegenspieler zu, spielt aber nicht unfair oder unsauber. Er hat auch kein gestrecktes Bein eingesetzt. Er trifft den Gegenspieler im Zweikampf, aber dieses Vergehen ist nicht mit Gelb zu bestrafen. Somit ist die gelbe Karte und in der Folge die gelb-rote Karte eine Fehlentscheidung.

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Szene 6: Enzo Marchese (Stuttgarter Kickers) bringt Nils Teixeria (Dynamo Dresden) zu Fall. Darauf folgt ein Freistoß, der zum 2:1 führt (28.).  [TV-Bilder – ab Minute 4:10]

Babak Rafati: Der Stuttgarter Spieler will seinen Gegenspieler in dieser Situation bestimmt nicht foulen, trifft ihn aber trotzdem. Dabei spielt es keine Rolle, ob absichtlich oder unabsichtlich. Somit ist die Entscheidung auf Freistoß für Dresden richtig.

 

Szene 7:  Sahr Senesie (Sonnenhof Großaspach) sieht nach einem Zweikampf die Rote Karte. [TV-Bilder – ab Minute 4:10]

Babak Rafati: In dieser Szene wäre der Schiedsrichter besser beraten, gleich nach dem Festhalten und Klammern zu pfeifen, damit es erst nicht so weit kommt, dass der gehaltene Spieler sich wehrt. Der Mainzer Spieler hält seinen Gegner von hinten fest und will nichts anderes tun. Somit ist die gelbe Karte anschließend folgerichtig. Die Bewegung vom Großaspacher Spieler sieht auf dem Platz spektakulär und nach einem Schlag aus, weil man in der Dynamik nicht erkennen kann, ob und wie intensiv der Gegenspieler dabei getroffen wird. Nach den Fernsehbildern (!) hätte aber Gelb für das Rudern der Arme nach hinten ausgereicht, denn man erkennt keinen Schlag oder einen Treffer ins Gesicht, dort wo sich der Mainzer theatralisch hinfasst. Man kann von einer Fehlentscheidung sprechen, jedoch nur nach Studium der Fernsehbilder. Hier kann man dem Schiedsrichter die Empfehlung aussprechen, beim nächsten Mal im Mittelfeld solch eine Aktion früher präventiv zu unterbinden.

   
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