„The Walk of Life“ – Lilienfans auf Extremtour
Die Anhänger des SV Darmstadt 98 gelten seit jeher als besonders kreativ, wenn es um die Anreise zu Auswärtsspielen geht. Da wird dann auch gerne mal ein Schiff gemietet, um den Rhein hinauf zur Partie nach Koblenz zu fahren oder man stellt ein Spiel in Memmingen unter das Motto „Europapokal“ und reist mit dem Billigflieger via Zwischenstopp in Barcelona an. Zweihundert Kilometer zu einem Spiel zu laufen jedoch, das hat es auch in Darmstadt bislang noch nicht gegeben.
Genau dies tun zurzeit drei Freunde, die zum ersten Auswärtsspiel des SV Darmstadt 98 beim VfR Aalen zu Fuß marschieren. Eine gewaltige Strecke quer durch drei Bundesländer, ehe sie am Ende ihrer langen Reise in der „Scholz Arena“ in Aalen ihre „Lilien“ anfeuern wollen.
"Es war eine verlorene Wette“
Daniel Werner, Markus Kiendorf und Sven Strobel sehen erschöpft aus, als ich sie auf einem Rastplatz in der Nähe von Vielbrunn im Odenwald treffe. Zwei Tage sind die drei nun unterwegs, seit sie am Sonntag (24.) ihre Reise am Böllenfalltorstadion, der Heimat des SV Darmstadt 98 begonnen haben. Gut 50 Kilometer haben sie zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgelegt, ein Viertel der langen Reise ist also geschafft. Ich möchte wissen, wie es zu dieser verrückten Idee kam. „Es war eine verlorene Wette“, erzählt Werner. „Nach dem 0:2 gegen den SC Pfullendorf zum Saisonbeginn 2010 sagte ich zu einer Freundin, dass der Verein so viele Drei-Jahres-Pläne aufstellen könne, wie er wolle. Er wird es wohl nie schaffen, aufzusteigen.“ Im ersten Ärger über den verpatzen Saisonstart bot der Student wohl etwas voreilig an: „Sollte der Aufstieg tatsächlich schon in dieser Saison gelingen, dann werde ich zum ersten Auswärtsspiel der neuen Saison laufen.“
20 Kilometer täglich
Gesagt, getan. Kaum stand der erste Gegner auf fremden Platz fest – es sollte der VfR Aalen sein – plante Werner die Reise ins schwäbische. Unterstützung erhielt er von seinen Freunden Markus Kiendorf, seines Zeichens Fanbeauftragter des SV98, und Sven Strobel. Beide waren Feuer und Flamme für diese Idee und spontan boten an, mit Werner zusammen auf die Reise zu gehen. „Allerdings haben wir uns das dann doch etwas leichter vorgestellt“, stöhnt Kiendorf und schaut müde auf die halbvolle Wasserflasche, in der sich sein Wegbegleiter gerade eine Magnesiumtablette auflöst. Zwanzig Kilometer im Schnitt müssen die Freunde täglich zurücklegen, um ihr Ziel rechtzeitig bis zum Dienstagabend (2. August) zu erreichen. Anstoß ist um 19 Uhr.
15 Kilo Gepäck
Und es geht schleppend voran. „Von den bisherigen 13 Kilometern, die wir heute zurückgelegt haben, ging es gefühlte zwölfeinhalb nur bergauf“, klagt Werner. Die rund 15 Kilo Gepäck auf dem Rücken machen die Aufgabe nicht einfacher. Sein Lachen hat der junge Mann aber trotzdem noch nicht verloren. Was sicher auch daran liegen mag, dass die ganze Tour von Sven Strobel auf Video festgehalten wird. Regelmäßig posten die unerschrockenen Wanderer ihre Berichte auf facebook und auf YouTube. Die Resonanz ist groß. Nach nicht einmal zwei Tagen verfolgen schon weit über 350 Personen die Tour der drei Extremfans. Froh ist man über das eher frühherbstliche Wetter. „Bei großer Hitze wäre diese Aufgabe sicher noch viel schwieriger zu bewältigen“, erklärt Kiendorf.
„Ich weiß nicht, ob wir es schaffen“
Übernachten wollen die Freunde in einem Zelt. Auch wenn sie zu Beginn ihrer Tour auf dem Weg durch den Odenwald zweimal bei Bekannten untergekommen sind, die in der Gegend wohnen. Verpflegung und eine warme Dusche inklusive. „Allmählich kommen wir aber jetzt auch in Gegenden, wo wir dann niemanden mehr kennen“, lacht Kiendorf und Werner ergänzt: „Wir werden sicher aber auch noch einmal in einem Gasthaus übernachten, um uns besser zu erholen und um auch noch einmal duschen zu können.“
Ein ordentliches Bett könnte in der Tat ein wichtiger Faktor werden für die drei Lilienfans, die sich nicht so ganz sicher sind, ob sie ihr Ziel auch wirklich rechtzeitig erreichen werden: „Ich weiß nicht, ob wir es schaffen“ sagt Strobel. „Momentan sind wir schon an einer Art Tiefpunkt, es zieht sich wie Kaugummi. Aber wenn man diesen Punkt überwunden hat, dann geht es wahrscheinlich deutlich einfacher.“ Unterstützung erhalten die Freunde dabei von einer gemeinsamen Freundin, welche die drei aus dem Auto heraus regelmäßig mit frischem Wasser und Lebensmitteln versorgt.
Mehr Infos auf Facebook
Die Pause ist vorbei, die Reise geht weiter. Ich frage, was denn gewesen wäre, wenn es statt nach Aalen die 500 Kilometer ins deutlich weiter entfernte Babelsberg gegangen wäre? „Dann hätten wir das trotzdem durchgezogen.“ lacht Werner und ergänzt: „Ich stehe zu meinem Wort. Wenngleich ich dann doch darum gebeten hätte, die Tour vielleicht mit dem Fahrrad machen zu dürfen.“
Wer die Reise der drei Freunde live mitverfolgen möchte, findet Bilder, Videos und kurze Berichte auf der Facebookseite „Walk it – Aalen, wir kommen!“: https://www.facebook.com/pages/Walk-it-Aalen-wir-kommen/220468354664923
Oder unter YouTube: http://www.youtube.com/user/Aalen2011
Frank Leber