Warum Stephan Schmidt in Würzburg gescheitert ist

Stephan Schmidt wurde nach elf Spieltagen und Tabellenplatz 17 als Cheftrainer der Würzburger Kickers entlassen. Das ist Fakt. liga3-online.de erklärt, warum der 41-Jährige beim Zweitliga-Absteiger gescheitert ist. 

Hollerbachs große Fußstapfen

Wenn man über Profifußball in Würzburg spricht, schwebt der Name Bernd Hollerbach immer noch über allem. Der einstige Kickers-Jugendspieler und spätere Bundesliga-Profi brachte Strukturen, Know-how und Erfolg an den Dallenberg, wo innerhalb von zwei Jahren der Durchmarsch von der Regionalliga in die 2. Bundesliga gelang und die Ära Hollerbach schließlich in der letzten Saison mit dem direkten Wiederabstieg in die 3. Liga endete. Der Neuanfang sollte unter Stephan Schmidt gelingen. In einer doch reichlich skurril anmutenden Pressekonferenz verkündete Hollerbach nach dem bitteren Abstieg aus der Zweiten Liga seinen Rücktritt und stellte sogleich seinen Nachfolger Stephan Schmidt, der nur zwei Plätze weiter saß, quasi höchstselbst vor. Schmidt landete also mindestens auf Empfehlung von Hollerbach in Würzburg. Die Beiden kannten sich aus gemeinsamen Wolfsburger Zeiten.

Von den Fans und im Umfeld wurde Schmidt von Beginn an kritisch beäugt. Kein Wunder: Dessen Bilanz im Profi-Bereich war mit den Stationen in Paderborn und Cottbus äußerst dürftig. Unstrittig war es von den FWK-Verantwortlichen ein mittelgroßes Wagnis, in Jahr eins nach Hollerbach, beim Neustart nicht auf einen drittligaerfahreneren Trainer zu setzen. "Wenn jetzt Schnee liegen würde, würde ich sehr große Fußstapfen sehen. Zum Glück scheint hier in Würzburg aber meist die Sonne“, sagte Schmidt noch kurz vor Saisonstart. Der gebürtige Berliner konnte die hinterlassene Lücke von Hollerbach nicht ansatzweise schließen und scheiterte, noch vor dem ersten Schneefall, an den mittlerweile hohen Ansprüchen in Würzburg, die sein Vorgänger ihm hinterlassen hat.

Richtige Spielidee für die falsche Liga?

Am letzten Samstag, nach der 0:2-Heimniederlage gegen die SpVgg Unterhaching, hielt Vorstandsvorsitzender Daniel Sauer eine für ihn ungewohnt klare und deutliche Rede: "Der Trainer hat eine Spielidee, von der er überzeugt ist. Bislang haben wir nur in Ansätzen etwas davon gesehen." Schnelles Umschaltspiel, hohes Angriffspressing und große Variabilität sollten das Trademark des neuen Kickers-Spiel sein. Dazu durfte Schmidt zusammen mit Ex-Handballprofi Sauer, der auch den Posten des Sportdirektors ausfüllt, im Sommer auf ausgiebige Einkaufstour gehen. Die 16 Abgänge der Vorsaison schafften reichlich Platz um einen Wunschkader für den neuen Trainer zusammenzustellen. Schmidt durfte die Saison mit einem der wertvollsten Drittliga-Kader beginnen und hatte die vermeintlich richtigen Akteure für sein System. Trotzdem scheiterte es krachend.

Simple Basics, die in jeder Drittliga-Partie elementar sind, wie Leidenschaft, Kampf und Disziplin, fehlten von Beginn an. Heraus kamen zum Teil haarsträubende individuelle Fehler, rote Karten, frühe Gegentore und letztlich die Kapitulation beim Spiel gegen Unterhaching. Die Mannschaft schien mit der Schmidt-Taktik letztlich überfordert – eine Entwicklung fand de facto nicht statt. Die anfänglich spielerisch guten Auftritte, zulasten einer erschreckend schwachen Defensivleistung, mündeten in einer unausweichlichen Abwärtsspirale. "Wir haben die Qualität, um fußballerisch eine der besten Mannschaften der Liga zu sein. Aber in unserer Situation sind andere Tugenden gefragt“, monierte Kapitän Neumann. Am Ende der kurzen Amtszeit von Stephan Schmidt in Würzburg, die rückblickend als großes Missverständnis in Erinnerung bleiben wird, steht eine gute Idee, die im Jugendfußballbereich auf Schalke und in Wolfsburg gut funktionierte, die aber keinerlei Erfolgsaussichten in der harten 3. Liga hatte und ein Zweitliga-Absteiger, der nach elf Spieltagen die Reißleine gezogen hat.

   
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