SSV Jahn: Herrlichs Wechselspiele zahlen sich aus

Nach vier sieglosen Spielen konnte der SSV Jahn Regensburg am Samstag durch ein 3:1-Erfolg gegen Wiesbaden in die Erfolgsspur zurückkehren. Es war kein schönes Duell, sondern eher ein Geduldspiel. In diesem konnten sich die Bayern aber durch Tore von Thommy (2) und Grüttner zum verdienten Sieger küren. liga3-online.de analysiert den Heimerfolg der Jahnelf gegen Wehen Wiesbaden.

"Der Bonus ist aufgebraucht – ab jetzt zählt nur noch Tagesform und Trainingsleistung.“ Regensburgs Trainer Heiko Herrlich reagierte auf die ausbleibenden Ergebnisse zuletzt, forderte von seiner Mannschaft wieder die Gier nach Siegen und versprach den einen oder anderen Wechsel in der Startformation. Und er hielt Wort: Gleich auf fünf Positionen wechselte Herrlich sein Team, machte auch vor Spielern wie Kolja Pusch oder Marco Grüttner keinen Halt, die normal bisher gesetzt waren, sich plötzlich auf der Bank wieder fanden. Aus der zweiten Reihe sollte der Druck auf die vermeintliche "Stammelf“ (dieses Wort existiert in Herrlichs Wortschatz eigentlich nicht) wieder erhöht, die Spieler aus ihrer Komfortzone geholt werden. Und das zahlte sich aus!

Herrlich: "Ab sofort zählt nur die Tagesform!“

André Luge, Haris Hyseni, Sebastian Nachreiner, Benedikt Saller und Marcel Hofrath waren die glücklichen fünf, die sich von Beginn an zeigen durften. Für Luge war es sogar der erste Startelfeinsatz in der Saison – und den wollte er offensichtlich nutzen, er sorgte in der Offensive für ordentlich Dampf. Um nur zwei Szenen zu nennen: Nach einer Abtastphase gab der gebürtige Sachse eine mustergültige Flanke auf Hyseni, der den Ball frei vor dem Tor nur knapp verpasste (18.). Wenige Minuten später lief er nach Zuckerpass von Geipl alleine auf das Wiesbadener Tor zu, machte eigentlich alles richtig, als er Kolke umkurvte – hatte aber Pech, dass Jubilar Mintzel den Ball noch von der Linie kratzen konnte (25.). Man merkte ihm die fehlende Wettkampfpraxis zwar deutlich an, da nicht alle Aktionen glücklich waren, doch André Luge war unermüdlich; gierig.

Das Tor zum 1:0 erzielte zwar mit Erik Thommy dann ein "Stammspieler“ (28.), doch die Neuen belebten das Spiel des Jahn offensichtlich. Hofrath holte schon in der ersten Minute einen Eckstoß, Luge daraufhin einen Freistoß heraus. Auch den Freistoß vor dem Führungstreffer besorgte Marcel Hofrath. Dass das den etablierten Spielern im Sinne des Konkurrenzkampfes nicht passen wird, dürfte klar sein. Und genau hier ging Herrlichs Kniff auf: Kolja Pusch und Marco Grüttner, die zunächst mit einem Bankplatz vorliebnehmen mussten, gaben nach ihrer Einwechslung ebenfalls Vollgas – um sich wieder in die Mannschaft zu spielen. Grüttner war schon am zwischenzeitlichen 2:1 mit einer Vorarbeit per Hacke beteiligt (75.), Pusch legte das 3:1 nach dem Konter mit starker Übersicht auf Grüttner auf (90. +2).

Nachreiners gelungenes Comeback

Ein zweiter Baustein zum Sieg war das Comeback von Sebastian Nachreiner. Der Innenverteidiger spielt schon seit sechs Jahren beim SSV, war bereits in der zweiten Bundesliga aktiv und zeitweise sogar Kapitän des Vereins – und ist vielleicht der beste Defensivspieler, den der Jahn hat. Doch zuletzt plagte Nachreiner das Verletzungspech: In den letzten zwei Jahren fiel er zuerst wegen eines Innenbandrisses, dann wegen eines Kreuzbandrisses aus. Als er sich mühevoll zurückgekämpft hatte, verletzte er sich im letzten Vorbereitungsspiel vor dieser Saison gegen Bochum erneut – das Außenband. Gegen Wiesbaden machte der Innenverteidiger sein allererstes Pflichtspiel in der neuen Arena! Und es war fast so, als wäre er nie weg gewesen, eine zweijährige Pause war ihm nicht anzuerkennen.

Zwar konnte auch Sebastian Nachreiner das Gegentor durch Kovac nicht verhindern (41.), doch das war der erste gefährliche, selbstproduzierte Torschuss der Hessen im gesamten Spiel. Auch im zweiten Durchgang ging bis auf einen gefährlichen Schuss von Blacha (64.) zunächst nicht viel Gefahr von Wehen aus. Schnelligkeit, Zweikampfstärke, gutes Stellungsspiel und Ausstrahlung – ein Lichtblick für den Jahn, der bis dato zu viele Gegentore kassiert hatte.

Spieler aus der Komfortzone geholt

Sicher konnten nicht jeder der fünf Neuen im vollen Umfang überzeugen, doch Heiko Herrlich bewirkte mit seinen Umstellungen genau das, was er wollte: Die Spieler wissen, dass es sich lohnt im Training Vollgas zu geben, selbst wenn man, wie im Fall Luge, bisher nur eine einzige Spielminute absolviert hatte und offensichtlich weit weg scheint – man kann sich trotzdem plötzlich in der Startformation wiederfinden. Andererseits wissen die vermeintlichen "Stammspieler“, dass sie sich nicht ausruhen dürfen. Herrlich fördert die Gier in seiner Mannschaft, hat die Spieler aus ihrer Komfortzone geholt. Das bringt vielleicht keine schönen Spiele, aber erfolgreiche. "Wichtig ist es aber nicht, dass sie heute gierig waren“, erklärte der Jahntrainer nach der Partie, "ich erwarte, dass sie Montag ins Training kommen und da immer noch gierig sind. Dass sie Dienstag und Mittwoch gierig sind.“ Der eine oder andere dürfte dadurch nicht sein letztes Spiel in der Startformation gemacht haben – für den Erfolg ist das auch nicht so schlecht.

   
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