Krösche im Interview: "Gespräche mit Baumgart im Winter"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Markus Krösche, Manager des SC Paderborn, über die rasante Entwicklungen in den letzten Monaten, die drei Wochen als Viertligist, gibt einen Einblick in die aktuelle Kaderplanung und erklärt, warum es trotz der souveränen Tabellenführung vermessen wäre, große Ziele auszurufen.

[box type="info" size="large"]"Mittelfristig zurück in die 2. Bundesliga"[/box]

Hallo Herr Krösche. Vor knapp 170 Tagen war der SC Paderborn sportlich abgestiegen, jetzt grüßt der SCP von der Tabellenspitze der 3. Liga und steht im Achtelfinale des DFB-Pokals. Das ist schon ein bisschen verrückt.

Allerdings, das ging sehr schnell. Wir sind natürlich froh, dass diese Entwicklung so schnell eingetreten ist, vorhersehen konnte man das natürlich nicht.

Aber haben Sie zumindest vorsichtig daran geglaubt?                          

Natürlich wussten wir, was die Mannschaft für ein Potential hat. Wir wussten auch, dass unsere Spielidee funktionieren kann. Aber dass es so schnell und vor allem auf so stabile und konstante Weise klappen würde, war nicht abzusehen.

Ein Erfolgsgarant ist ohne Frage Trainer Steffen Baumgart. Warum passt er so gut zum SC Paderborn?

Steffen identifiziert sich zu 100 Prozent mit dem SCP. Er ist absolut authentisch und hat einen sehr guten Zugang zur Mannschaft. Er hat ein gutes Gefühl für jede einzelne Situation und kann unsere Spielidee perfekt vermitteln. Aber auch die Arbeit im Trainerteam funktioniert sehr gut.

Manch einer befürchtet, dass Baumgart möglicherweise – vielleicht sogar während der laufenden Saison – von einem höherklassigen Verein abgeworben werden könnte. Was halten Sie dagegen?

Zunächst seinen laufenden Vertrag, außerdem fühlt er sich in Paderborn wohl. Von daher stellt sich die Frage nicht.

War der sportliche Abstieg in die Regionalliga der Schlüsselmoment, um zu sagen ‚Jetzt muss sich hier etwas ändern‘? Hat der SC Paderborn die drei Wochen als Viertligist gebraucht?

Nein, nicht unbedingt. Wir haben schon im Frühjahr gewusst, was wir verändern müssen. Durch den sportlichen Abstieg ist es aber nochmal deutlich geworden.

Inwiefern hat das Bundesliga-Jahr die Wahrnehmungen innerhalb des Vereins zwischenzeitlich verzerrt? Geschäftsführer Martin Hornberger sagte nach dem Aufstieg beispielsweise – auch wenn das zu dem Zeitpunkt sicherlich anders gemeint war – "Der SC Paderborn wird nicht mehr derselbe Verein sein".

(lacht) Damit hat er ja Recht gehabt – nur in die falsche Richtung. Ob sich die Wahrnehmungen innerhalb des Vereins verzerrt haben, ist aber schwer zu sagen. Sicherlich war das Paket der falschen Entscheidungen letztlich zu groß. Aber damit beschäftigen wir uns jetzt nicht mehr.

Unmittelbar nach dem Bundesliga-Aufstieg sagten Sie: "Im Fußball gibt es nur zwei Extreme: Entweder total geil oder total schlecht". Auf den SC Paderborn trifft das derzeit voll zu. Kann der SCP keine normale Saison spielen und am Ende Zehnter werden?

Wir wollen auch gar nicht Zehnter werden, sondern haben gewisse Ansprüche. Natürlich hätte man sich in den vergangenen Jahren etwas mehr Ruhe gewünscht, generell kann ich mich mit Mittelmaß aber wenig anfreunden. Unser Ziel ist klar: Mittelfristig wollen wir zurück in die 2. Bundesliga.

 

[box type="info" size="large"]"Setzen uns mit Baumgart in der Winterpause zusammen"[/box]

Zurück zur aktuellen Saison. Wie sind Sie auf einen Spieler wie Jamilu Collins gestoßen? In Deutschland wird ihn kaum einer gekannt haben.

Jamilu ist uns empfohlen worden. Wir haben uns dann mit ihm beschäftigt, ihn eingeladen und ihn schließlich verpflichtet.

Wie läuft die Verständigung im Training?

Er spricht englisch und lernt derzeit deutsch.

Muss Steffen Baumgart seine Ansprachen also zweisprachig halten?

Steffen hält seine Ansprachen auf Deutsch, das Trainerteam übersetzt sie dann.

Welche Perspektive haben Marc Vucinovic und Marc Andre Kruska? Während Vucinovic nach wie vor verletzt ist, kam Kruska zuletzt nur im Landespokal sowie für die U21 zum Einsatz.

Wichtig ist jetzt erstmal, dass beide wieder vollständig gesund werden. Dann werden wir uns zusammensetzen.

Wird Kruska nochmal für die erste Mannschaft auflaufen?

Wenn das Trainerteam der Auffassung ist, dass Kruska der Mannschaft helfen kann, halte ich das durchaus für möglich. Ausschließen würde ich es also nicht.

Stichwort Verträge: Mit Krauße, Schonlau, Michel und Zolinski haben zuletzt vier Leistungsträger verlängert. Und zwar langfristig, was für Drittliga-Spieler in dieser Phase der Saison eher ungewöhnlich ist.

Wir wollen auf Kontinuität setzen. Sicherlich sind langfristige Vertage nicht alltäglich, aber alle vier Spieler sind jung und haben noch Entwicklungspotential. Somit passen sie perfekt zu uns.

Wie haben Sie Sven Michel von einer Verlängerung bis 2021 überzeugen können? Schließlich wäre sein Vertrag am Saisonende ausgelaufen.

Große Überzeugungsarbeit musste ich nicht leisten. Wir haben einen ganz klaren Plan, wo wir in den nächsten Jahren hin wollen – und Sven möchte ein Teil davon sein.

Gibt es eine realistische Chance, Marlon Ritter über die laufende Saison zu binden?

Natürlich möchten wir Marlon sehr gerne halten, haben jedoch nicht das Heft des Handels in der Hand. Wir versuchen aber, eine Lösung zu finden.

Und wann verlängert Steffen Baumgart? Sein Vertrag würde sich nur bei einem Aufstieg automatisch verlängern.

In der Winterpause werden wir uns zusammensetzen und über die Zukunft sprechen – da haben wir einen klaren Fahrplan. Ganz ohne Druck aber.

 

[box type="info" size="large"]"Wäre vermessen, jetzt große Ziele auszurufen"[/box]

Am Ende der Saison wird der SC Paderborn mindestens 46 Pflichtspiele absolviert haben. Eine beachtliche Belastung für einen Drittligisten. Einige Bundesligisten kommen im Vergleich auf deutlich weniger Spiele.

Vor diesem Hintergrund ist es sehr wichtig, dass wir einen breiten und ausgeglichenen Kader haben (Paderborn hat zusammen mit Unterhaching den größten Kader; 30 Spieler, Anm. d. Red). Wir haben uns bewusst dafür entschieden.

Ist die Belastung zu groß?

Nein, unser Kader ist so breit aufgestellt, dass wir auf Verletzungen, Sperren und Formtiefs jederzeit reagieren können.

Präsident Wilfried Finke hat auf der letzten Mitgliederversammlung gewarnt, dass der SCP in der 3. Liga nicht dauerhaft überlebensfähig sei. Inwiefern beeinflusst das Ihre Arbeit?

Ich kenne die finanziellen Rahmenbedingungen, sodass mich das in der täglichen Arbeit nicht beeinflusst. Ich wusste, worauf ich mich einlasse.

Das Wort Aufstieg nimmt von Vereinsseite noch niemand in den Mund. Es scheint, als wäre man wieder vorsichtiger mit dem Verkünden großer Ziele geworden.

Man muss einfach sehen, wo wir herkommen: Sportlich sind wir in den vergangenen drei Jahren drei Mal abgestiegen. Wir sind jetzt dabei, uns neu auszurichten. Es wäre vermessen, jetzt große Ziele auszurufen.

Wann ist der alte SC Paderborn, der sich über mehrere Jahre in die 2. Liga gehalten hat, wieder vollständig hergestellt?

Das ist ein Prozess, wobei wir nicht der alte SC Paderborn werden wollen. Vielmehr geht es darum, eine neue Zeit einläuten und aus dem SCP wieder einen guten Zweitligisten zu machen.

Wäre es nach dem famosen Saisonstart und angesichts von derzeit sechs Punkten Vorsprung auf Platz 2 und 3 nicht fast schon eine Enttäuschung, wenn der Aufstieg am Ende nicht gelingen sollte?

Auf keinen Fall. Man darf nicht vergessen, dass erst 15 Spieltage absolviert sind. Natürlich ist die aktuelle Situation eine schöne Momentaufnahme, aber entschieden ist noch nichts. Aber klar: Wir wollen die Tabellenführung verteidigen, das ist schon unser Ziel.

Vor Weihnachten muss der SC Paderborn noch gegen die direkten Konkurrenten aus Unterhaching, Wiesbaden und Köln ran. Dann wird sich wohl zeigen, ob der SCP tatsächlich eine echte Spitzenmannschaft ist.

Nicht unbedingt. Natürlich sind das Gratmesser, aber auch nur 3 von 23 noch folgenden Saisonspielen. Eine Entscheidung über die weitere Saison fällt in diesen drei Spielen nicht. Viel wichtiger ist, über die komplette Spielzeit konstant aufzutreten.

Ein erfolgreiches Abschneiden in diesen drei Spielen wäre aber schon ein Beweis dafür, dass man nicht so schlecht sein kann.

Stimmt. Im Umkehrschluss würde ein schwaches Abschneiden aber auch nichts über die weitere Saison aussagen. Wir freuen uns einfach auf diese Spiele.

   
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