Emmerling im Interview: "Schub der Anhänger mitnehmen"

Stefan Emmerling, Trainer des SC Paderborn, spricht im Interview mit liga3-online.de über die 1:6-Niederlage gegen den BVB, seinen Vorgänger René Müller und erklärt, warum Präsident Wilfried Finke derzeit sein wichtiger Ansprechpartner ist. 

[box type="info" size="large"]Foul an Bender: Kein Vorwurf an Michel[/box]

liga3-online.de: Herr Emmerling, gegen den BVB musste sich Ihre Mannschaft am Dienstag deutlich geschlagen geben. Mit dem Auftreten der Mannschaft kann man aber zufrieden sein, oder?

Stefan Emmerling: Wir schauen uns das Spiel gerade in der Nachbetrachtung an. Marcus Piossek hatte die Möglichkeit zum Führungstreffer, Sven Michel hatte ebenso eine gute Gelegenheit frei vor dem Tor. Solche Chancen bekommst du als Drittligist nicht in jedem Spiel, darauf können wir stolz sein. Aber: In der 3. Liga muss die Chancenverwertung noch besser werden. Daran werden wir im Training weiterhin arbeiten. In der Defensivarbeit war ich grundsätzlich nicht unzufrieden, Borussia Dortmund bestraft mit seiner individuellen Klasse nahezu jeden Stellungsfehler gnadenlos.

Lukas Kruse wurde von den Zuschauern gefeiert, weil er gleich mehrere glänzende Paraden ablieferte. Haben Sie das registriert?

Lukas Kruse hat in den beiden Liga-Spielen unter mir eine richtig gute Leistung gezeigt, am Dienstag hat er seine gute Form weiter bestätigt.

Der BVB musste die Verletzung von Sven Bender hinnehmen. Haben Sie mit Trainer Thomas Tuchel nach Abpfiff gesprochen?

Ja, wir haben uns nach Spielende noch unterhalten. Die Verletzung ist im Rahmen eines ziemlich unglücklichen Zweikampfes passiert und wir drücken alle Daumen, dass Sven Bender nicht für längere Zeit ausfällt. Einen Vorwurf möchte ich meinen Spielern etwa aufgrund der Zweikampfführung aber nicht machen – völlig vermeiden lässt sich so etwas im Sport einfach nicht.

Beginnt die Saison mit dem SC Paderborn mit der Wintervorbereitung erst so richtig für Sie?

Nein. Eigentlich begannen meine Veränderungen schon am ersten Trainingstag. Damit wollte ich nicht bis zur Wintervorbereitung warten. Warum auch? Seinen eigenen Stempel drückt man der neuen Mannschaft schließlich am besten schon in der ersten Einheit auf.

[box type="info" size="large"]Emmerling über Müller [/box]

In den bisherigen Spielen unter Ihrer Leitung tritt der SC Paderborn ganz anders auf als noch unter Vorgänger René Müller, greift beispielsweise viel früher an. An welchen Stellschrauben haben Sie – vor allem während der Winterpause – konkret gedreht?

Zuallererst möchte ich klarstellen: René Müller hat uns eine völlig fitte Mannschaft hinterlassen. Wir haben in der Folge versucht, das Team offensiver auszurichten, es öfter und früher in die Zweikämpfe zu schicken. Das erfordert ein mutiges Anlaufen, um schnell in den vorderen Bereich zu kommen. Diese Herangehensweise hat in den ersten Partien sehr gut funktioniert. Ich bin mir aber darüber im Klaren, dass Gegner sich auf uns bald einzustellen wissen. Daher müssen wir taktisch flexibel bleiben.

Nochmal zu René Müller: Er hatte zwischenzeitlich scharf gegen die Fans geschossen und betont, dass kein Fan die Arbeit eines Trainers bewerten könne. Wie sehen Sie das?

Ich möchte es so formulieren: Die Arbeit eines Trainers ist nicht einfach zu bewerten. Außenstehende sehen meist nicht die vollständige Arbeit im Training, können daher die Aufstellung vielleicht nicht immer nachvollziehen. In unserer Branche läuft ohnehin vieles nur noch über den Erfolg, ganz besonders auf der Trainerposition. Ich möchte erreichen, den Fans eine klare Philosophie zu vermitteln, mit der sie sich identifizieren können.

Dino Medjedovic hat den Verein nach nur einem halben Jahr wieder verlassen. Was waren die Gründe für die vorzeitige Trennung?

Beide Seiten haben gemerkt, dass es in der Zusammenarbeit kein Vorankommen mehr gibt. Wir waren da sehr offen und haben ihm gesagt, dass es für ihn sehr schwer werden wird. Daraufhin haben wir uns auf die Vetragsauflösung verständigt.

Sind weitere Abgänge geplant? Niko Dobros soll schon seit einiger Zeit mit dem SV Elversberg in Verbindung stehen.

Es gibt weitere Spieler, mit dem wir über ein mögliches Ende der Zusammenarbeit gesprochen haben. Das betrifft Leute, die darüber unzufrieden sind, in der Liga oder auch in der bisherigen Vorbereitung nicht viel gespielt zu haben. Namen möchte ich an dieser Stelle jedoch noch nicht nennen.

[box type="info" size="large"]"Finke ist mein wichtigster Ansprechpartner in diesen Tagen" [/box]

Sebastian Heidinger und Roope Riski sind neu zum Verein gestoßen. Waren Ihnen beide Spieler bekannt und wie bewerten Sie ihre ersten Tage beim SCP?*

Roope Riski wurde uns angeboten, danach haben wir uns anhand von Bildmaterial schlaugemacht. Im Probetraining konnten wir uns schließlich einen Eindruck von ihm verschaffen: Er besitzt eine starke Trefferquote im Training, hat auch in Finnland sehr gut getroffen. Aber: Finnland ist nicht Deutschland. Er muss sich an den Fußball hier gewöhnen. Aber die Zeit bekommt er von uns.

Sebastian Heidinger ist mir hingegen noch sehr gut bekannt von verschiedenen Stationen in Deutschland. Er ist auf verschiedenen Positionen einsetzbar und wird uns schnell verstärken.

Wie intensiv ist Ihr Kontakt zu Präsident Wilfried Finke in diesen Wochen? Auf welche Ziele haben Sie sich im Hinblick auf die Rückrunde verständigt?

Wilfried Finke ist mein wichtigster Ansprechpartner in diesen Tagen, es wurden eine Menge Gespräche geführt. Wir haben uns allen voran bezüglich der Zusammenstellung des Kaders ausgetauscht.

Klar ist: Wir wollen Tabellenplätze aufholen, einen guten Start in die Rückserie erwischen. Zu mehr will ich mich gar nicht äußern, denn der Fußball ist und bleibt ein Tagesgeschäft. Ein gutes Beispiel ist etwa der 1. FC Magdeburg, der zuletzt eine Serie hingelegt hat und nun ein Aufstiegskandidat ist. Andere Mannschaften beweisen wiederum das Gegenteil. Daher müssen wir mindestens die ersten Spieltage der Rückrunde abwarten.

Paderborn fiebert auf den Rückrundenstart gegen den MSV Duisburg ein – ein echter Auftaktkracher, dazu noch gegen Ihren Ex-Verein. Wie groß ist Ihre Vorfreude?

Mein persönlicher Kontakt nach Duisburg ist in den letzten Jahren abgebrochen. Dennoch freue ich mich persönlich sehr, die alten Farben wiederzusehen. Aus sportlicher Sicht müssen wir feststellen: Es gibt leichtere Aufgaben, aber man kann sich die Gegner nicht aussuchen. Wir haben im eigenen Stadion den Tabellenzweiten (VfL Osnabrück, Anm. d. Red.) geschlagen, also können wir an einem guten Tag auch den Spitzenreiter ärgern.

Wie stehen Sie zur wieder optimistischeren Grundhaltung im SCP-Umfeld? Wollen Sie diesen Schub aus der Anhängerschaft mitnehmen oder die Erwartungen lieber etwas dämpfen?

Wir möchten den Schub der Anhänger unbedingt mitnehmen und gehen daher aktiv auf unsere Zuschauer zu. Ich habe etwa beim Testspiel trotz der 1:6-Niederlage auch vernommen, dass unsere Fans den eigenen Auftritt gar nicht übel fanden. Unsere Devise ist: Wir wollen den Anhängern kein langweiliges Fußballspiel bieten, sondern mit offensivem Fußball überzeugen. Gegen den BVB ist uns das gut gelungen, in der 3. Liga wollen wir daran anknüpfen.

* Info: Das Interview wurde vor der Verpflichtung von Michael Ratajczak geführt.

   
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